Kontinuierliche Verbesserung und Kaizen

Großer Praxisbericht: Was End-to-End / e2e Prozesse sind und wie man sie testet

End-to-End oder e2e ist ein Begriff aus der Welt der Geschäftsprozesse und der Informationstechnologie. Der Kunde steht an erster Stelle – aus ihrer oder seiner Sicht wird ein Ablauf End-to-End betrachtet und getestet.

Diese Methode wird eingesetzt, wenn Customer Experience (die Erfahrung des Kunden im Umgang mit einem Unternehmen) nicht nur ein Lippenbekenntnis ist.

Leider wird der Begriff oft missverstanden, weil Menschen die ganze Tragweite nicht bewusst ist. 

Wir haben End-to-End in großen Organisationen etabliert und e2e-Tests mit mehreren Hundert Personen konzipiert und durchgeführt. In diesem Artikel lesen sie unseren großen Praxisbericht zu

End-to-End Geschäftsprozesse sind Teil unseres Ansatzes der digitalen Transformation:

Definition: Was versteht man unter End-to-End, e2e?

Wie funktioniert End-to-End? 

End-to-End, e2e, meint von Anfang bis zum Ende. Vom Kunden in Systeme, in die Organisation und zurück zum Kunden. Eine Aktion des Kunden muss eine Antwort (an den Kunden) zur Folge haben.  

Und hier beginnen die Missverständnisse, die sich letztlich auf einen Nenner bringen lassen dürften: „Was ist ein Kunde und was ein Nutzer“?

Für Puristen bezieht sich End-to-End auf Endkunden und Nutzer:

  • Aus Sicht eines Unternehmens ist der Kunde derjenige der bezahlt, oder ein Vertreter desjenigen. Aber diese Denkweise ist nicht präzise 
  • Wenn ein Unternehmen ihr Kunde ist, dann könnten die Kunden ihres Kunden die sein, auf die es ankommt. Dafür hat sich der Begriff „Endkunde“ eingebürgert
  • Schließlich kann derjenige, der ein Produkt oder einen Service nutzt wieder ein anderer sein: Der Nutzer!

Auch in Unternehmen gibt es Kunden und Lieferanten. Beispielweise sieht die IT oft Marketing als Kunden an. Dann ist man schneller fertig, vergisst aber meistens Entscheidendes. Denn für die Customer Experience zählt das Gesamtpaket, nicht nur die IT.

Wer nutzt End-to-End?

End-to-End Betrachtung sind sinnvoll, wenn die Customer Experience zählt. Dann kann man sich durch Qualität differenzieren (eine Erkenntnis, die in den letzten Jahren vielfach vergessen wurde). 

Einige Branchen (vor allem High-Tech-Services wie die Telekommunikation oder die Finanzbranche) sind gekennzeichnet durch starken Wettbewerb, viele unterschiedliche Produkte, Schnelllebigkeit und hohen Preisdruck. Digitale Transformation wird hier gleichgesetzt mit schneller und billiger.

Gute Customer Experience kann für Differenzierung sorgen und einen höheren Preis rechtfertigen: Geschwindigkeit, Bequemlichkeit, Konsistenz, Freundlichkeit, Kompetenz und Menschlichkeit!

Die wahre Herausforderung der digitalen Transformation ist Technologie zu nutzen, um die Kundenerfahrung menschlicher zu machen. Weniger Frust und mehr Empathie!

Zunehmend verstehen dies auch Internet-Apps: Es ist eine Sache, ob die e-Commerce App benutzerfreundlich ist (User Experience), eine andere, ob die richtige Ware pünktlich ankommt. 

Best Practice: e2e-Beispiele

e-Commerce

Nehmen wir an, Sie wollen einen Webshop End-to-End betrachten. Folgendes Szenario dürfte zu den häufigsten gehören

  1. Die Nutzerin sucht hin und her, bis sie zufrieden zwei Produkte in den Warenkorb packt und bestellt
  2. Das Produkt wird geliefert und sie ist glücklich (Order-to-Delivery, OTD)
  3. Das Produkt, das nicht passt, wird zurückgesendet und die Kosten werden erstattet

Was so einfach klingt, kann viele Zulieferer umfassen und noch mehr Computersysteme. Aber von einem reibungslosen Zusammenspiel hängt bereits ab, wie zufrieden die Kundin am Ende sein wird.

OTC heißt u.a. Order-to-Cash. Dies ist nur dann ein end-to-end Prozess, wenn es darum geht, Geld zu erstatten. Denn die Kundin will vor allem die Ware, der Verkäufer das Geld.

End-to-End Verschlüsselung

Auf dem Gebiet der Kryptografie wird der Begriff End-to-End oftmals vereinfacht verwendet. 

Ein Unternehmen kann diese alleine gar nicht anbieten, es sei denn, er hat Kontrolle über die Endgeräte aller Nutzer und das Netzwerk. Und stellt zudem noch sicher, dass diesen keiner über die Schulter schaut.

End-to-end Verschlüsselung bedeutet, dass der Nutzer selbst ver- und entschlüsselt; mit privaten und öffentlichen Schlüssen.

Der End-to-End, e2e Prozess

Der End-to-End Prozess besteht meistens aus mehreren Prozessen. Denn intern organisieren sich die meisten Unternehmen so, dass mehrere Geschäftsprozesse nötig sind, um einen Kunden zu bedienen.

Es ist eine große Herausforderung eine Organisation End-to-End zu gestalten. 

Was bedeutet End-to-End Verantwortung?

Firmen versuchen eine parallele Prozessorganisation sozusagen über die eigentliche Hierarchie zu legen. Dann kann man Manager benennen, die verantwortlich für einen Prozess sind – End-to-End verantwortlich.

In der Praxis sorgt dies für noch mehr Bürokratie. Dann ist es besser, sich entweder nur nach Prozessen aufzustellen. Oder End-to-End Denken in den Köpfen aller Mitarbeiter über organisatorische Silos hinweg zu verankern und zu messen. 

Die Grenzen des End-to-End 

End-to-End Betrachtungen kosten Zeit

Für die Investition der Zeit bekommt man mehr Qualität von Anfang an, ab Start eines neuen Produkts oder Service. Das ist wichtig, wenn Experimente nicht zur Marke eines Unternehmens passen.

Vielfach haben Entwickler End-to-End Betrachtungen sogar vor, aber aufgrund von Verzögerungen im Projekt keine Zeit mehr. 

Den Start verschieben?

Manchmal steht man vor der Wahl, den Starttermin entweder zu verschieben oder zu riskieren, mit einem halbfertigen Produkt an den Start zu gehen. Leider wird meistens die zweite Variante gewählt.

Besser ist es, von Anfang an weniger anspruchsvolle Produkte zu planen und auf Qualität zu achten. Das erste iPhone hatte kein UMTS und kein Copy-and-Paste. Aber es funktionierte.

Lean-Startup

Lean-Startup vertritt eine fundamental andere Position. Hier geht es darum, möglichst schnell zu verstehen, ob ein Produkt oder Service Käufer findet, und ob das Konzept skaliert werden kann. Dazu werden auch Produkte verwendet, von denen es kaum mehr gibt als eine Beschreibung. 

Es geht nicht beides – prüfen Sie, wie ein Angebot gestaltet werden muss, damit es sich verkaufen lässt, oder testen Sie, ob es gut funktioniert.  

End-to-End Tests oder e2e Tests

Mit End-to-End Tests können wir prüfen, ob ein neues Angebot funktioniert und ob es angenommen wird.  

End-to-End wird nicht immer gleich verstanden. Während Techniker meist nur Systeme betrachten und Software bei einem End-to-End Test untersuchen, ist das für den operativen Betrieb nicht ausreichend. 

Denn auch die Menschen, die Systeme bedienen, können Fehler machen. Deshalb gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher End-to-End Tests, die Faktoren Markt, Produkte und Services, Prozesse und Systeme prüfen.  

end-to-end Tests

Die vier wichtigsten Tests sind Feld- bzw. Markttests, der Friendly User-Test, der Prozess-Integrationstest und der System-Integrationstest.

Feldtests und Marktests 

Feld- und Marktests sind in einem eigenen Artikel beschrieben. Sie kennzeichnet, dass alles echt, sozusagen live ist: Kunden, Produkte, Organisation, Prozesse und Systeme.

User Experience-Test 

Wie der Name sagt, kann man die Erfahrung der Kunden oder Nutzer mit einem Produkt auf unterschiedlichste Art testen. Hier haben wir User-Tests ausführlich beschrieben!

Der Prozesstest

Der Prozesstest könnte auch Integrationstest heißen. Er prüft das Zusammenspiel aller Komponenten eines Prozesses. Wie bei obigen Tests betrifft dies Kunden, die Organisation, Produkte, Prozesse und Systeme.

Man konzentriert sich auf das Zusammenspiel dieser und versucht dem Live-Betrieb nahe zu kommen. So verliert das Unternehmen am wenigsten Zeit, gewinnt aber bereits substantielle Informationen.

Konkret arbeitet man mit Testkunden, Teilen der Organisation (Menschen, die die Vorhut jeder Abteilung und jedes Lieferanten bilden), Testprodukten und Testsystemen.

Der System-Integrationstest 

Dieser Test prüft den Verbund mehrerer Systeme. Kritische Schnittstellen und die Unterstützung von Geschäftsprozessen sind Priorität.

Dieser Test wird von vielen Entwicklern als der eigentliche End-to-End Test gesehen, denn mehr Technik, mehr Software geht nicht.

Der Unterschied zum Prozesstest ist, dass kaum jemand beteiligt ist, der später mit dem Prozess arbeitet. Zudem sind die Testdaten weniger praxisnah.

Kurz gesagt: Der System-Integrationstest testet Technik, keinen Prozess.

Checkliste: Sechs End-to-End Tipps

End-to-End Betrachtungen sind komplex, aber spannend. Man lernt nirgendwo anders so schnell so viel über die Prozesse eines Unternehmens. Und man eckt nirgendwo anders so schnell an.

Unsere Tipps machen Ihnen das Leben hoffentlich leichter:

1.   Cool bleiben

Sie werden vielen Menschen auf die Nerven gehen. End-to-End bedeutet

  • Großer Aufwand: Sie sorgen mit einem überschaubaren Team für jeder Menge Menschen für viel Arbeit  
  • Qualität: Fehler sollen gefunden werden, um sie lösen zu können
  • Scheitern: Es geht nicht um Schuld, sondern um Funktion. Dennoch werden sie Personen oder gar Abteilungen begegnen, die Fehler als Niederlage, als Scheitern empfinden

Schuldzuweisung löst keine Fehler

  • Emotionen: Seien sie auf alles gefasst. Persönliche Anfeindungen, Erpressungen, Wut und Tränen. Aber auch Erleichterung, Freude oder Jubelstürme
  • Verantwortung: Sie repräsentieren den Kunden und ihr Unternehmen. Ihre Empfehlung prägt die Frage, wann und wie ein Produkt, ein Service oder Prozess startet

2.   Wie eine Nutzerin denken

Denken Sie wie eine Nutzerin. 

Die oben genannten Begrifflichkeiten lassen eine Menge Interpretationsspielraum. Aber das Produkt oder der Service werden am besten, wenn sie sich radikal in die Position desjenigen begeben, der am Ende damit leben muss.

Frauen stehen für über 80% der Kaufentscheidungen. Und ihnen sind andere Dinge wichtig als Männern.

3.   Das Richtige tun

End-to-End kostet Zeit und Geld.

Den Normalfall testen

Beschränken Sie sich auf den häufigen Normalfall, oder ausgewählte Fehlerfälle. Alles andere ist Sache von vorgelagerten Phasen. Es wird von alleine komplex. 

Risiken abwägen

Risiken sind keine Bauchentscheidung. Mit Hilfe einer überschaubaren Risikoanalyse werden sie schnell herausfinden, was getestet werden sollte und was nicht.

Stimmen sie die Analyse ab und dokumentieren Sie diese.

4.   In der richtigen Reihenfolge, zum richtigen Zeitpunkt

End-to-End steht am Anfang und am Ende.

Zu Projektstart sollten High-Level Prozesse definiert werden. Diese sollten Personas beinhalten und bilden den roten Farben für alle Beteiligten.

Der End-to-End Test sind die letzten Tests. Punkt. 

Es ist sinnlos, Nerven und Ressourcen mit unzureichend getesteten Systemen oder Organisationen zu vergeuden. Wenn einzelne Elemente nicht bereit sind, muss man warten.

Im Zweifel ist es sinnvoll, vor den wirklichen End-to-End Tests Shakedown-, Smoke- oder Wieauchimmer-Tests auszuführen, damit alle mitspielen.

5.   Tests planen und sorgfältig ausführen

Es ist Best Practice, auch bei End-to-End Testing mit einer Testplanung zu arbeiten, Testfälle, Testszenarien und erwartete Ergebnisse zu definieren.

Auf dieser Grundlage können Sie beurteilen, wen und was sie zum Test brauchen – sie werden Dinge entdecken, die Ihnen nicht im Traum eingefallen wären.

Beispielsweise gehören Testumgebungen dazu. Diese sollten möglichst realistische Daten beinhalten, dürfen aber meist nicht mit der realen Umgebung arbeiten. Einmal mussten wir 200 Test-Telefone organisieren. Ein anderes Mal eine ganze Abteilung neu aufbauen.

Zudem können Sie die Durchführung des Tests mit einer solchen Planung steuern und Fehler zuordnen. Definieren Sie auch vorab, wie mit Fehler umzugehen ist (Fristen, Issue-Tracking, Re-Tests, Change Management, …).

Zu Guter Letzt benötigen Sie für die Auswertung ein belastbares Protokoll.

6.   Ausgewogene Empfehlungen geben

Von ihrer Arbeit kann abhängen, ob Sie Tränen der Freude oder der Enttäuschung sehen.

Ihre Empfehlung muss gut begründet sein. Sie sollte kurz und verständlich sein (mit umfassenden Daten im Anhang).

Überlegen sie sich nicht erst zum Schluss, wie sie das Anstellen.


End-to-End Tests werden in unserem User-Test Dokument beschrieben:

User Experience Testing

Teil der Serie über User Experience Testing (User XT): Testen Sie was Käufer UND Nutzer bewegt. Profitieren Sie von unserer Erfahrung.

4 Kommentare zu „Großer Praxisbericht: Was End-to-End / e2e Prozesse sind und wie man sie testet“

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