Deutschland im Innovationsstau

Wie mutige Menschen die Welt verändern

Die aktualisierte und erweiterte Auflage ist jetzt im Handel! Auf dieser Seite finden Sie Rezensionen, den Klappentext, ein Autorengespräch, Hinweise zum Kauf des Buches, Informationen zum Autor und Ausschnitte aus dem Buch.

„Dieses Buch hat dazu beigetragen, dass wir uns anders mit dem Thema Innovation auseinandersetzen“

– Stefan Klennert, Leiter Entwicklung Leonardo

„Ein witziges, erfrischendes Buch, das aufrüttelt.“

– Prof. Dr. Oliver Gassmann, Universität St. Gallen

„Ein mutiges Buch mit klarer Kante, das sich von dem üblichen Management-Blaba unterscheidet.“ ­

– Gunnar Sohn, Publizist und Blogger

„Sehr gut strukturiert, leicht leserlich und sehr lehrreich!“

– Peter B. Zaboji, Unternehmer
Die neue Auflage ist im Handel erhältlich

Innovative Menschen wollen mutig die Welt verändern – zum Wohle der Gesellschaft. Innovative Unternehmen sind auch die finanziell erfolgreichsten.

Praktische Beispiele aus dem Wirtschaftsleben und die Forschung berühmter Professoren der letzten 25 Jahre öffnen einen faszinierenden Kosmos von Möglichkeiten. Mit dem Wissen der Eigenschaften von Innovation fällt es leichter mutig zu sein, zu experimentieren, herausfinden, was Kunden wirklich wollen und daran zu glauben, dass man Großes erreichen kann.

Innovative Menschen fragen, beobachten, assoziieren und besprechen sich mit anderen. Sie stören Gewohnheiten und lassen Raum für Kreativität und Leidenschaft. Nur so lassen sich Menschen mitreißen und Unternehmen verändern, und das ist nötig, in einer Welt, in der das Unmögliche wahrscheinlich ist.

Viele Deutsche Firmen tüfteln lieber am Detail, arbeiten fleißig nach Plan, sparen Kosten und sehen Risiken. Über kurz oder lang sterben so geführte Firmen oder werden fusioniert.

Wir können unser Schicksal selbst in die Hand nehmen – als Führer, Innovator, Gründer eines Start-Ups oder als Intrapreneur im Unternehmen.

Das Sachbuch eines Fachmanns für jedermann und jedefrau. Kurzweilig, unterhaltsam und spannend liefert es anschauliche Beispiele und Hinweise, an die man sich erinnert.

„Verschiedene Perspektiven zu einem der wichtigsten Themen unserer Zeit!“

– Dr. Roman Friedrich, Partner Boston Consulting Group

„Ein guter Überblick über viele aktuelle Themen.“

– Professor Dr. Frank Piller, RWTH Aachen

„Nicht nur eine passende Lektüre zu meinem Beruf, auch eine vergnügliche Unterbrechung!“

– Doris Krueger, ehem. Aufsichtsrätin Deutsche Lufthansa

„Plakativ und auf den Punkt: Innovation braucht Mut.“

– Uwe Freese, Unternehmer

„Locker geschrieben, leicht zu lesen mit hochexplosivem Stoff.“

– Gudrun Richter

„Wunderbare, treffende und aktuelle Beispiele, die zum Denken anregen.“

– Michael Zachrau

„Super! Ich habe das Buch in zwei Tagen gelesen.“

– Harald Stober

Autorengespräch

Wo kann ich das Buch kaufen?

Das Buch und das eBook sind mit der ISBN 9783734767425 überall im deutschen Buchhandel erhältlich. Bisher wurden die meisten Bücher bei Amazon gekauft:

Aber auch bei ThaliaHugendubelBuecher.de oder BOD können Sie das Buch erwerben.

Mit Apple iTunes oder Google Play Books führen das Buch auch international namhafte Größen den Titel. Amazon führt das Werk außerhalb des deutschsprachigen Raums im Vereinigten Königreich, den Vereinigten Staaten und Kanada.

Jürgen Stäudtner

Jürgen Stäudtner

Jürgen Stäudtner ist seit 1993 Unternehmer, Manager und Berater.

Er studierte Maschinenbau an der TU München und der ETSIA Madrid, berufsbegleitend Betriebswirtschaft an der Universität in Hagen und er absolvierte das Senior Executive Programme der London Business School.

Innovation ist Jürgen Stäudtner genauso wichtig, wie der Umgang mit kreativen Themen abseits des Berufs. Nach einem Studium der Malerei, Fotografie und Konzeptkunst an der FAdbK in Essen ist er auch als Maler und Konzeptkünstler aktiv (www.staeudtner.com).

Er ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Haan bei Düsseldorf.

Kann ich Auszüge vorab lesen?

Das Inhaltsverzeichnis und ausgewählte Abschnitte des Buches finden Sie hier:

Inhalt

Vorwort

Neues zu erschaffen ist ungeheuer inspirierend und
erfrischend. Wer sich darauf einlässt kann das Leben bereichern und den Spaß an der Arbeit wieder­finden. Man kann der Gesellschaft etwas Gutes tun und dazu
beitragen, dass der Arbeitgeber auch künftig existiert.

Dennoch kämpft dieses Buch mit Vorurteilen: Änderungen seien überflüssig, Innovation zu riskant. Es gäbe genügend Fachleute, die sich um Neues kümmer­ten. Selbst könne man nicht helfen, denn man habe keine Zeit und sei nicht kreativ genug.

Deutschland sei gut aufgestellt, denn schließlich stecken
wir Unsummen in neue Entwicklungen und gene­rieren wir jede Menge Patente. Warum sollte der amtierende Exportweltmeister etwas ändern, warum sich hinterfragen?
Wenn alles gut geht scheint Inno­vation überflüssig. Aber dann ist ruck zuck alles anders.

Momentan wird viel über die Unsicherheit der Zeit, über
unvorhersehbare Ereignisse gesprochen. Nichts scheint mehr sicher. Aber so war es schon immer. Zeiten, in denen es nur aufwärts geht und die Welt sicher erscheint sind eher selten: Schneller Wandel ist normal.

Innovation ist auch immer etwas für Andere: für die Manager, für die Entwicklungsabteilungen, für den Staat. Fachleute, vor allem besserwissende gibt es genügend, aber dennoch scheitert eine Vielzahl von Projekten krachend,
Neugründungen lösen sich auf, hoch angesehene und ehemals erfolgreiche Firmen implodieren. Wissenschaftler und Experten­kommissionen stehen ratlos daneben
und geben gutgemeinte Ratschläge. Der amerikanische Managementpapst Peter Drucker schrieb: „Unter­nehmertum ist weder Wissenschaft noch Kunst. Es ist
eine Tätigkeit.“

Viele Menschen haben keine Zeit, sich mit wichtigen Themen wie Innovation zu beschäftigen. Die meisten Menschen halten sich für zu wenig kreativ. Aber jeder kann mitmachen. Jeder kann andere Menschen überzeugen, neue Produkte oder Services anbieten. Jeder kann seinen Alltag ändern, ein Unternehmen gründen, in einem Unternehmen Intrapreneur werden oder einfach Mensch sein.

Heute muss sich niemand mehr einreden, dass sich nichts
ändern lasse oder dass er nichts wisse. Jeder hat die Chance, selbst über sein Leben zu bestimmen. Zudem gehen Forscher heute davon aus, dass wir viel öfter
kreativ sind, als wir meinen. Wir wissen, dass man Kreativität lernen kann. Die Kreativität und das unternehmerische Potential der Deutschen sind nicht gefragt und werden unterschätzt.

Deshalb gibt dieses Buch keine Ratschläge, sondern Hinweise. Ein Sachbuch von einem
Fachmann für jedefrau und jedermann. Kurzweilig, unterhaltsam und spannend soll es helfen, fest­gefahrene Denkstrukturen zu durchbrechen. Es hilft, Situationen zu vermeiden, in denen man meint, keine Zeit für Experimente zu haben. Das Buch gibt Hinweise – in Zeiten der Muße und wenn nichts mehr zu
gehen scheint, in denen man blockiert ist.

Im ersten und im letzten Kapitel beschäftigt sich das Buch
mit der Frage warum Innovation erforderlich und wer dafür verantwortlich ist.

Dazwischen liegen zehn Hinweiskapitel, die jeweils auf
mehreren thematisch zueinander passenden Thesen beruhen. Sie gründen auf moderner Managementlehre und über 20 Jahren praktischer Erfahrung. Sie
überraschen und provozieren. Deshalb helfen diese Abschnitte des Buches, innovativer
zu werden – in jeder Branche und jeder Disziplin.

Die ersten drei Hinweise thematisieren uns Menschen,
vorteilhafte Eigenschaften für Innovation sowie Ideen. Die Hinweiskapitel vier bis sechs zeigen, wie wir heute mit Kunden und Mitarbeitern umgehen sollten und
welche Formen der Zusammenarbeit Innovation fördern. Danach habe ich Fragestellungen
beleuchtet, die für gelungene Innovationen maßgeblich sind: Welche Arbeitsmethoden helfen, wie können wir Trends nutzen, welche Rolle spielt die
Digitalisierung und wie verkaufen wir Innovationen?

Mein Wunsch ist einfach: Wenn es uns gelänge, unser Wissen und unser Können zielführender einzu-setzen, dann hätten wir mehr Spaß bei der
Arbeit, dann trauten wir uns mehr zu und wir verdienten mehr. Dann werden Deutsche wieder zu den besten Innovatoren der Welt gehören – dort, wo sie
einmal waren.

Als ich dieses Buch schrieb verharrten deutsche
Institutionen in Lethargie. Vieles hat sich seitdem verändert, aber immer noch rennen wir wie Lemminge Trends hinterher. Wir sollten uns davon befreien und
erkennen, dass Innovation eigenes Handeln erfordert. In dieser zweiten Auflage habe ich Neuerungen berück-sichtigt, die noch besser helfen.

Herr Bäumler wird sie auf der Reise durch das Buch begleiten.

Jürgen Stäudtner, 2019

Deutschland – Land der Ideen

Schlechter als der Ruf erlaubt. 

Unternehmen, die in diese Sphären aufsteigen verfolgen Innovationsstrategien. Keine Firma wird allein durch Optimierung bestehender Produkte und Abläufe so erfolgreich. Groß ist die Verwunderung von Alphabet-Chef und Google Gründer Larry Page über die Zaghaftigkeit vieler traditioneller Firmen, die nur das machen, was sie immer schon gemacht haben.

Mega

Solche Erfolgsgeschichten schreiben Konzerne die es schaffen, auf die drei grundlegenden Megatrends unserer Zeit zu reagieren:  Digitalisierung, Globalisierung und Explosion des globalen Wissens.

Früher zählte man die Zeit in der eine Innovation Millionen Nutzer erreichte. Für 50 Millionen Nutzer weltweit benötigte das Telefon ungefähr 75 Jahre, der Fernseher weniger als 20 und das Internet weniger als zehn Jahre. Die Digitalisierung beschleunigt dies erheblich. Heute besitzen zwei Drittel der Menschheit ein Mobilfunktelefon. Google, Facebook und Konsorten erreichten eine Milliarde Menschen in ungefähr zehn Jahren und wahrscheinlich werden ihre Bemühungen, die ganze Welt mit Internet zu versorgen, erfolgreich sein. Über die Hälfte der Menschen und einige Tiere haben bereits Zugriff zum Internet. Ein Viertel der Internetnutzer lebt in China. Immer mehr Geräte und Maschinen werden mit dem Internet verbunden. Es ist keine Zukunftsvision, sondern ein logischer Entwicklungsschritt, dass in wenigen Jahren alle Menschen und alle Maschinen miteinander per Internet kommunizieren werden.

Dramatischen Entwicklungen bringen immer Umwälzungen mit sich. Firmen können weltweit Kunden akquirieren, Kunden weltweit einkaufen, Maschinen beobachten Menschen und werden überwacht. Klassische Geschäftsmodelle, egal in welcher Branche, stehen auf dem Prüfstand.

Heute haben wir uns daran gewöhnt, dass Asiaten nicht nur den Geschäftsalltag, sondern zunehmend auch die europäische Freizeit prägen. Songs aus Süd-Korea, Kleidung aus Vietnam, Handys aus China und Autos aus Japan. Der Einfluss der BRIC-Staaten Brasilien, Russland und Indien dürfte bald ähnliche Bedeutung gewinnen und Afrika als der Kontinent mit der größten prognostizierten Bevölkerungsentwicklung wird ebenfalls seine Rolle suchen. Die Globalisierung ist noch nicht vorbei, sie hat gerade erst begonnen. 

Chinesische Firmen kaufen weltweit reihenweise Firmen und die chinesische Regierung erschließt mit der Belt-and-Road Initiative neue Seidenstraßen, um den Welthandel zu dominieren. Andere Länder könnten folgen. Vielen Menschen ist dies unheimlich und so wählen sie Politiker, die versprechen, das Rad der Globalisierung zurückzudrehen. Es ist fraglich, ob dies möglich ist.

Entwicklung braucht auch Wissenschaft: In vielen Entwicklungs- und Schwellenländern explodiert die Anzahl von Wissenschaftlern. Weltweit gab es 2013 fast acht Millionen Forscher. Heute stellt China bereits ein Fünftel aller Wissenschaftler, vor den USA und die UNESCO prognostiziert, dass dank schlechterer Bezahlung westlicher Forscher der Anteil der chinesischen Forscher noch steigt. Die höchste Dichte kluger Köpfe findet sich in Israel, vor Korea und Japan. Über acht Tausend Menschen von einer Million forschen dort beruflich. Innovationen werden noch schneller entstehen und Produkte noch schneller auf der Müllhalde landen. 

Eine weitere Entwicklung klopft in Deutschland mit Macht an die Tür, um in die Trilogie wichtiger Entwicklungen aufgenommen zu werden. Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Artenschutz, Energiewende, Wärmedämmung, Plastik in Weltmeeren, klimaneutrale Produktion: Hierzulande wimmelt es von Schlagwörtern die anderswo noch keine große Rolle spielen. Das kann dann problematisch sein, wenn man international vertreibt, oder dies künftig möchte. Das Potential, eine Brücke zu schlagen hat nachhaltiges Wirtschaften. Im Gegensatz zu ethischen Fragen gibt es Hinweise dafür, dass Nachhaltigkeit den Wert eines Unternehmens steigert. Corporate-Social-Responsibility (CSR) wird international hauptsächlich so verstanden – kulturelle Maßnahmen zählen manchmal noch dazu, während Wirtschaftsethik ziemlich in Vergessenheit geraten ist. Wer international vorausschauend agieren möchte, nimmt sich des Themas an und verfolgt die Standards für freiwillige Berichte. 

Der Oxford-Professor Ian Goldin glaubt, dass wir heute vor dem größten Wendepunkt seit einem halben Jahrtausend stehen. Er ist der Ansicht, wir befänden uns in einer zweiten Renaissance, mit glanzvollen und bedeutenden Entwicklungen, aber auch gewaltigen Risiken die zu vergleichen sind mit Pest, Bauernkriegen und der Inquisition. 

Sind deutsche Firmen ausreichend auf diese Entwicklungen vorbereitet?

Ein Bild, das Obst, schwarz, weiß, groß enthält.

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Eigene Arbeit

Hinweis 1: Denken, um zu Handeln

Eigentlich denkt Herr Bäumler gerne. Und eigentlich ist das sein Job, er soll seinem Arbeitgeber innovative Ideen liefern. Auf der Fahrt ins Büro steht Herr Bäumler wieder einmal im Stau und denkt darüber nach, warum ihm nichts Neues einfällt. Sein Arbeitsalltag ist von morgens bis abends durchgetaktet: Das erste Meeting noch vor dem ersten Kaffee, eine Flut von E-Mails, Kundengesprächen und Krisenmanagement. Her Bäumler fragt sich, ob er kreativ genug ist.

Kreativität spielt eine große Rolle in unserem Denken. Warum ist das so, und wer ist kreativ? 

Gottgegeben

Wir glauben, dass Kreativität eine Eigenschaft ist, die uns mitgegeben wird, die wir nicht erlernen müssen. Überraschend ist, dass lediglich 20 bis 30 Prozent dieser Fähigkeit auf Vererbung beruhen. Der Rest wird erlernt. 

Oder besser, verlernt. Der Autor und Berater George Land beriet in den 1960er Jahren die NASA – er entwarf einen Kreativitätstest, der half, innovative Ingenieure und Wissenschaftler zu finden. Das Vorgehen funktionierte so gut, dass Land beschloss, den Test auch mit Kindern durchzuführen. Er prüfte 1968 die Kreativität von 1.600 Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren. Er wiederholte seine Tests mit den selben Kindern im Alter von zehn und 15 Jahren und mit 280.000 Erwachsenen. Die Ergebnisse waren erstaunlich: Die fünfjährigen Kinder erzielten auf seiner Kreativitätsskala 98% der Punkte, zehnjährige 30%, fünfzehnjährige 12% und Erwachsene 2%. In seinem Buch „Breaking Point and Beyond“ schloss er daraus, dass wir nicht-kreative Verhaltensweisen lernen. 

Warum sind Erwachsene wenige kreativ als Kinder? George Land war davon überzeugt, dass Kreativität von Regeln und Gesetzen überdeckt wird. Unser Bildungssystem ist während der industriellen Revolution entwickelt worden, und erzieht uns seit 200 Jahren zu guten Arbeiten und Gefolgsleuten.

Weil es so viele Definitionen der Begriffe Intelligenz oder Kreativität gibt, kennen wir eine Vielzahl von Tests um diese Eigenschaften zu messen. Die meisten Tests gehen davon aus, dass sie die kognitive Leistungsfähigkeit im täglichen Leben abbilden. Manche Wissenschaftler meinen zudem, Kreativität sei eine Form der Intelligenz. Am bekanntesten sind Tests des Intelligenzquotienten (IQ-Tests): 100 ist die durch-schnittliche Intelligenz, die Standardabweichung ist 15. Nur jeweils ca. 2% der Menschen haben einen IQ von unter 70 oder über 130. Kreativitätstests sind weniger bekannt und umstrittener als IQ-Tests. Dies liegt an vielen Faktoren und auch daran, dass die meisten Methoden indirekt Ergebnisse messen. Man fragt ab, wie schnell wir etwas tun können und bewertet das Ergebnis. Selten wird das Gehirn direkt im Betrieb beobachtet, zum Beispiel mittels Magnetresonanztomographie. Neuere Kreativitätstests messen drei Dimensionen: die Neuheit, die Angemessenheit und die Auswirkung einer Idee. Auch die Erforschung der Intelligenz gibt mittlerweile mehreren Faktoren den Vorzug vor einem Wert. Land- und firmenläufig herrscht die Auffassung, solcherlei Tests könnten für die Wahl der Schul- und Ausbildung hilfreich sein und den Berufserfolg oder die Berufseignung vorhersagen. 

Die Professorin Carol Dweck ist anderer Meinung: In ihrem Besteller „Selbstbild: Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt“ schreibt sie, dass es vor allem auf die Einstellung zu sich und dem Leben ankommt. In unserer Kultur sei es wünschenswert Intelligenz, Persönlichkeit und Charakter zu haben. Ständig wollen wir dies beweisen, wir fragen uns: Werde ich Erfolg haben, werde ich schlau sein, oder dumm, werde ich akzeptiert werden, oder zurückgewiesen, bin ich Gewinner oder Verlierer? Nach Dweck gibt eine andere Geisteshaltung, die viel mehr über den Erfolg aussagt:  Das formbare Selbstbild erlaubt es uns, uns selbst zu entwickeln – es basiert auf dem Glauben, dass unsere Fähigkeiten durch Einsatz und Arbeit besser werden. Warum weiter Zeit damit verschwenden ständig zu zeigen wie gut wir sind, wenn wir in der Zeit besser werden könnten?

Das Verlangen zu lernen führt dazu, dass man Herausforderungen annimmt, dass man nach dem Scheitern wieder aufsteht, Qual und Arbeit als den Weg zur Meisterschaft sieht und von Kritiken lernt. Zudem spornt der Erfolg anderer an, anstatt neidisch zu machen. 

Junge mit einem Korb Früchte, überarbeitetes Foto der Caravaggio Arbeit, Public Domain

Hinweis 2: Leidenschaft erwünscht

Herr Bäumler beschäftigt nicht nur die Frage nach der verlorenen Zeit. Als er vor vielen Jahren sein Studium beendete, wollte er sein Know-how mit dem verbinden, was die Antriebsfeder für das gesamte Berufsleben sein sollte: Seine gehörige Portion Leidenschaft, Produkte und Prozesse zu entwickeln und zu verändern. Herr Bäumlers Ideen werden immer seltener, je häufiger seine Vorschläge vom Management abgelehnt werden, wenn sie nicht sofort hohe Erträge versprechen.

Innovatoren erhalten sich ihre Leidenschaft mit Einsicht und Routine. 

Leidenschaft ist der Antrieb des Innovators, er tut das, was er für richtig hält und was ihm Spaß macht. Genauso wie ein Musiker mit Begeisterung sein Instrument spielt oder ein Sportler trainiert. Oftmals ist das Ziel klar definiert, wie das des Ingenieurs, der ein besseres Autobauen will oder das des Mediziners, der Menschen helfen will. Um es mit Richard Branson, dem Gründer von Virgin zu sagen: „Geschäft muss mitreißen, es muss Spaß machen und es muss ihre kreativen Instinkte ansprechen“.

James Dyson ist leidenschaftlich. Bereits mit Anfang 20 entwickelt der gelernte Möbeldesigner seine ersten mechanischen Produkte. Eine Schubkarre mit einem Ball statt eines Rads oder ein Boot mit Rädern, das zu Wasser und Land gleich schnell sein sollte. Aber sein Meisterstück sollte ein Staubsauger werden. Fünf Jahren lang bastelte Dyson Mitte der 1980 Jahre einen Prototyp nach dem anderen, um einen Staubsauger ohne Saugkraftverlust zu entwickeln. 5.127 Prototypen in fünf Jahren – das sind fast drei Prototypen an jedem Tag, inklusive Weihnachten. Diese hartnäckige Leidenschaft hat es Dyson ermöglicht, den Staubsauger zu revolutionieren und nebenbei einer der zehn reichsten Menschen Englands zu werden. 

Leidenschaft führt nicht zwangsläufig zu Reichtum, aber oft kommt Neues dabei heraus: Michelangelo Merisi da Caravaggio wurde ein berühmter Maler und gilt als Begründer der römischen Barockmalerei. Seine bedeutendste malerische Innovation war das Chiaroscuro, die Hell-Dunkel-Malerei. Figuren in gleißender Helligkeit vor absoluter Dunkelheit gab es zuvor nicht. Erst recht nicht mit schwächlich dreinblickenden Jünglingen, verdorrtem Obst und welkenden Blättern. Caravaggio hatte aber auch ein unstetes Leben: Schnell berühmt, Lieblings des Papstes und danach verbannt wurde er jahrhundertelang nahezu vergessen. Wiederentdeckt war er Vorbild für Hollywood. Ohne Leidenschaft für sein Werk hätte er nicht reüssiert. Mark Twain sollte recht behalten, als er sagte: „Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat.“

Innovatoren brauchen Freiraum für ihre Leidenschaft. 

Ein Bild, das Text, Buch enthält.

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Gutenbergpresse von ca. 1520, nach einem Buch von 1914, Public Domain

Gutenbergpresse von ca. 1520, nach einem Buch von 1914, Public Domain

Hinweis 3: Augenmaß erforderlich

„Kennzahlen, Herr Bäumler, wir brauchen Kennzahlen!“. Wie soll er nur seine neue Entwicklung in Kennzahlen messbar machen, fragt sich Herr Bäumler. „Das messen wir am Umsatz, oder was dachten Sie? Zu wenig Umsatz, und das Ganze kommt schneller aus dem Produktportfolio als es hineingekommen ist“, sagt seine Chefin.

Innovationen entspringen ungewohnten Quellen und lassen sich nicht mit üblichen Methoden messen. 

Glücksfall

Im Geschäftsleben begegnet man dem Zufall nicht gerne, denn er verunsichert. Man kann sich auf den Zufall nicht verlassen. Dabei kann es sehr inspirierend sein, dem Zufall eine Chance zu geben. Der Zufall ist die Basis für das englische Kunstwort Serendipity. Seit einigen Jahren findet man es überall. Angeblich entstand es, weil der Engländer Walpole Mitte des 18. Jahrhunderts beim Lesen des persischen Märchens „Die drei Prinzen des Serendip“ feststellte, dass die Herren immer wieder zufällige Entdeckungen machten. 

Eine Geschichte des Zufalls dürfte auch deutschen Lesern wohlbekannt sein: 1895, im Alter von 50 Jahren untersuchte ein Professor der Physik in Würzburg Phänomene, die bei der Leitung von elektrischem Strom durch Gase unter niedrigem Druck entstehen. Dazu legte er sehr hohe Spannungen an eine mit Edelgasen gefüllte Röhre an. Zwischen den elektrischen Polen entstand ein leuchtender Strahl. Wenig später machte er in seinem Labor eine bemerkenswerte Beobachtung: Einige Meter von der Entladungsröhre entfernt befand sich ein speziell beschichtetes Papier. Waren die Röhren eingeschaltet, begann es zu leuchten. Das Papier schimmerte auch dann noch, wenn die Entladungsröhre mit dicker schwarzer Pappe umschlossen war, es wurde von einer unbekannten Art von Strahlung zum Leuchten gebracht. Wilhelm Conrad Röntgen nannte sie „X-Strahlen“, ein Name, der sich im Englischen bis heute hält: X-Rays. Mit ihnen konnte man durch Körper sehen und Knochen betrachten. Röntgen genoss in Deutschland bald großen Ruhm und 1901 wurde der erste Nobelpreis für Physik an ihn verliehen. Zufälle müssen auch bemerkt werden – hätte sich Röntgen nur auf seine Röhren fokussiert, hätte die X-Strahlen wohl ein anderer entdeckt.

Manche Zufälle bleiben aber auch lange Zeit unentdeckt. Deutschen Wein gibt es schon seit römischen Zeiten und irgendwann fing man an, Spindelpressen zu nutzen, statt die Weintrauben mit den Füßen zu pressen. Um Zeit zu sparen, wurde mittels einer Welle eine Platte auf den Wein gedrückt. Erst um 1440 kam ein Mainzer auf die Idee, diese Maschine auch für anderes zu nutzen. Gutenberg erfand Handgießinstrumente, mit denen sich zum ersten Mal bewegliche Lettern rasch und passgenau in großen Mengen herstellen ließen. Mit einer Spindelpresse aus dem Weinbau drückte Gutenberg dann seine Druckplatten auf Papier. Der Zufall kann also ein wahrer Glücksfall sein.

Bluse, weiß

Hinweis 4: Kundenversteher gesucht

Anstatt weiter darüber nachzudenken, wie er seine Ideen an den Chef bringen soll, schaut sich Herr Bäumler nun Stellenanzeigen an. Ein Unternehmen, das nicht nur auf den schnellen Profit setzt, das auch mal einen längeren Atem bei innovativen Ideen beweist und seine Kunden im Fokus hat – das muss es doch geben!

Kunden zu verstehen ist schwer, aber eine überaus erfolgreiche Strategie für Innovation. 

Die Welt des Marketings ist ohne USP nicht vorstellbar. Die „Unique Selling Proposition“ soll der Zielgruppe klar machen, welchen Vorteil das neue Produkt gegenüber dem alten bietet. Die Kernaussage wird klar formuliert und so ausgerichtet, dass die Lieblingskunden möglichst genau „getroffen“ werden. 

Bei der Segmentierung von Kunden wird meist nach Demographie, Geographie, preislichen Kriterien, Produkttypen und ähnlichen Faktoren sortiert. Daraus entstehen schöne Bilder wie etwa die Sinus-Milieus mit den „Traditionellen“, der „bürgerlichen Mitte“ oder den „Hedonisten“. Die Typisierungen liefern einen raschen Überblick und sind schnell zugänglich. Die Einteilungen machen es leichter, sich den Kunden vorzustellen und so auf sein Verhalten oder seine Lebensumstände zu „zielen“. Werber sprechen von der zielgruppenaffinen Ansprache. 

Diese Praxis muss überdacht werden, denn demographische Kriterien sind weniger relevant als bisher landläufig angenommen. Dies lässt sich leicht mit einem kleinen Experiment veranschaulichen: Wer erfüllt aus ihrer Sicht die folgenden Eigenschaften: 

  • Männlich, geboren 1948 und in England aufgewachsen
  • Zum zweiten Mal verheiratet, zwei Kinder
  • Sehr wohlhabend, erfolgreicher Geschäftsmann und Besitzer von Immobilien
  • Verbringt die Winterferien in den Alpen
  • Mag Hunde

Alle Argumente treffen auf zwei sehr unterschiedliche Menschen zu: Prinz Charles und Ozzy Osbourne.

Auch das Alter spielt eine kleinere Rolle als angenommen. Dick Stroud hat dies anhand der gerne verwendeten Zielgruppe älterer Menschen untersucht: „Die Zukunft der Marketing Strategien ist altersneutral“. Es ist nicht ausreichend, ältere Menschen nach dem Geburtsjahr zu beurteilen, denn häufig sehen sie sich nicht als altes Eisen und wollen schon gar nicht so angesprochen werden. 

Andererseits ist das Geschlecht von erheblicher Bedeutung obwohl die Zielgruppe „Frau“ selten zu finden ist. Bei einem Experiment in den Vereinigten Staaten wurden Männer und Frauen gebeten, in einem bestimmten Geschäft in einem Shopping-Zentrum ein weißes Hemd zu kaufen. Alle Männer erledigten dies in mehr oder weniger kurzer Zeit. Bei den Frauen sah das Ergebnis ganz anders aus, die meisten nutzten die Gelegenheit, sich umzuschauen. Manchen Frauen verschmähten gar das weiße Hemd, kauften dafür aber Sachen, die gar nicht auf der Einkaufsliste standen. Marti Barletta hat in „Marketing to Women“ einen ganzen Kosmos geschaffen, der beschreibt, wie Frauen im Gegensatz zu Männern angesprochen werden müssen. Das Ergebnis des Hemden-Experiments führt sie darauf zurück, dass Frauen mental immer eine riesige to-do Liste abgespeichert haben. Und sie versuchen nicht, die wichtigsten Einträge der Liste zuerst abzuarbeiten, sondern sie suchen nach der besten Lösung im Sinne der ganzen Liste. So kann es eben passieren, dass sie ihr Einkaufsvorhaben spontan ändern, wenn andere Dinge vielversprechender erscheinen. Doch Produkte sind meist aus männlicher Sicht konzipiert, daher muss besonderes Augenmerk auf die weibliche Sicht der Produkte und Services gelegt werden. Denn Kundinnen sind die größte Zielgruppe der Welt und je nach Land tätigen sie ca. 80 Prozent der Konsumausgaben der Gesamtbevölkerung. Frauen beeinflussen die Entscheidungsfindung wichtiger Käufe, auch wenn sie nicht selbst kaufen, wie etwa das Auto des Ehegatten. Nebenbei sind Frauen immer häufiger die Hauptverdiener in der Familie. 

Längst ist es nicht damit getan, Frauen als Produktmanager einzustellen und darauf zu hoffen, dass sie die richtigen Produkte konzipieren, denn auch Frauen sind nicht nicht alle gleich. Wichtiger ist es, die Kundinnen möglichst gut zu beobachten und sie wirklich kennen zu lernen.

Es muss verstanden werden, welchen Nutzen die Käufer aus einem Produkt- oder einem Service ziehen können, damit aus Zielgruppen Nutzensegmente werden. Richtig angewandt, können sie den großen Durchbruch bringen, wie die amerikanische Designfirma IDEO gezeigt hat. Die Designer sollten für Shimano, den japanischen Hersteller von Fahrrad-Gangschaltungen, ein Produkt entwickeln, das eine echte Innovation für Fahrradhersteller versprach. Die Designer fanden heraus, dass viele Amerikaner lange nicht mehr Rad gefahren sind und einfach nicht mehr daran gewöhnt waren. IDEO begann, ein bequemes und einfach zu bedienendes Fahrrad zu entwickeln, damit sich die Amerikaner wieder mit Fahrrädern anfreunden können. Das Konzept der „Coasting“-Fahrräder war geboren: leichte und elegante Fahrräder, die keine sichtbaren Kabel und Gangschaltungen haben und mit denen sich die Amerikaner tatsächlich angefreundet haben.

Ein Bild, das Person, draußen, Sonnenbrille, tragen enthält.

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Marco Siffredi, eigen Arbeit

Hinweis 5: Regelbrecher willkommen

Jeden Morgen ein „team-standup“. Jede Woche unendliche Sitzungen, in denen je nach Auftrags- und Stimmungslage geplant, gelobt, oder gemotzt wird. Immer öfter denkt Herr Bäumler, dass er diese Zeit lieber zum Denken nutzen würde. Denken kann er am besten alleine, aber dafür fehlt ihm die Zeit.

Die wenigsten Unternehmen geben ihren Mitarbeitern genügend Freiraum zur Entfaltung. 

… 

Feuer

Gallup untersucht seit Jahren, wie Menschen auf der ganzen Welt mit ihrer Arbeit zurechtkommen. In ihrem Bericht über die globalen Arbeitskräfte von 2017 schreibt die Organisation, dass nur 11% der Arbeiter in der Europäischen Union mit Feuer und Flamme bei der Sache sind – weniger als 15% durchschnittlich in der Welt und wesentlich weniger als die 33% in der Vereinigten Staaten. In Europa sind die Deutschen immerhin im Mittelfeld, denn am schlimmsten ist es in Italien und Frankreich, am besten in Norwegen. Die Mehrheit der Menschen ist gleichgültig bei der Sache. 19% der Europäer sind nicht nur zurückhaltend, sondern sie arbeiten entgegen der Interessen ihres Arbeitgebers. Zu den Folgen gehört es, dass viele Menschen nicht nur unglücklich sind, sondern körperlich und psychisch krank werden. Unternehmen bekommen nicht, was sie künftig am meisten brauchen: Leidenschaft und Kreativität erhält man von Mitarbeitern nur geschenkt. 

Die Leistungsfähigkeit der Menschen ist fest verbunden mit deren täglichen Erfahrungen. Mehrere Dinge müssen Unternehmen und Behörden nach Gallup berücksichtigen, wenn sie auch künftig wachsen oder produktiv arbeiten wollen: Grundsätzliche menschliche Bedürfnisse müssen erfüllt sein. Oftmals fehlen Voraussetzungen wie passendes Material und Werkzeuge um die Arbeit richtig auszuführen oder Vorschriften einzuhalten. So wird mancher krank und lustlos, weil Chemikalien das Butterbrot belegen, Schimmel in der Luft liegt oder die Vibrationen betagter Schraubendreher Handgelenke schreddern.

Zudem müssen bürokratische Monster bekämpft werden. Es ist offensichtlich, dass es die Produktivität verringert, wenn Regeln für alles und jeden Umstand beachtet werden müssen. Heute gibt es Menschen, die nicht genau wissen was man von ihnen bei der Arbeit erwartet. Erschlagen von umfangreichen und komplizierten Regelwerken und der Dynamik des Alltages finden sie weder Zeit noch Worte nachzudenken und mit Kollegen oder Vorgesetzen über Erwartungen zu sprechen. Sie fühlen sich nicht ernst genommen und vermissen inspirierte Kollegen, die sie mitreißen.

Die Professorin Teresa Amabile klagt: „Mitarbeiter sind zunehmend nicht mehr engagiert bei der Arbeit. Wenn wirklich talentierte Menschen ihre Motivation verlieren und ihre Arbeit geringer schätzen, dann kündigen sie sobald sie die Möglichkeit dazu bekommen.“ Ihre Forschung ergab, dass Fortschritt der größte Motivator ist. Jeden Tag einen Schritt weiterzukommen, nach einer Woche Fortschritt zu spüren und am Ende des Projekts einen großen Erfolg zu feiern, würde Menschen am besten motivieren. Die Produktivität und die  Kreativität seien höher, wenn Menschen intrinsisch motiviert sind, wenn sie glücklich sind, eine positive Wahrnehmung ihres Arbeitsalltags haben und einen Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsatmosphäre leisten können.

 „Aber Manager verstehen das Fortschritts-Prinzip anscheinend nicht. Nur fünf Prozent der Manager glauben an Fortschritt als Motivationsquelle. Prämien, Anerkennung, Bonuszahlungen oder Beförderungen werden als wichtiger angesehen.“ Manager würden damit ein großes Potential vergeben. Effektive Führungskräfte würden intensiv begleiten, was Menschen tun und was sie dazu brauchen. Sie seien ein Katalysator, um die Arbeit der Angestellten zu unterstützen, sie sorgen für Hilfe und Ausgeglichenheit.

Menschen versuchen heute gerne ihr „Best Self“ zu leben. Unzählige Ratgeber zeigen, wie man zufriedener, gesünder, sportlicher oder erfolgreicher wird. Es liegt nahe auch bei der Arbeit nachzusehen, was einem im Wege steht. Die wenigsten Menschen widmen einen Großteil ihrer Zeit den Dingen, die sie wirklich gut können. Wieder Gallup hat ermittelt, dass nur 20% der Arbeitnehmer sagen, das tun zu können, was sie am besten können. Je höher die erklommene Hierarchieebene, desto mehr sind Manager mit Dingen beschäftigt die für sie nicht wichtig sind.

Den größten Zuwachs an Produktivität werden die Unternehmen sehen, deren Mitarbeiter das „Best Self“, die persönliche Identität eines jeden verstehen und berücksichtigen. Viele Menschen wissen gar nicht, was sie gut können. In Gesprächen sollte man erkunden, wie gut Mitarbeiter und Unternehmen zusammenpassen oder was man zusammen alles erreichen könnte. Der Psychologe und Professor Dan Cable schreibt: Es dauert eine Stunde zu fragen“ Wer sind sie, wenn sie am besten sind?“ und es ist kostenlos. Die Arbeit muss dem Menschen angepasst werden, nicht umgekehrt. Dann ist auch Alter kein entscheidendes Argument mehr. Heute gibt es viele junge Mitarbeiter, die vom Leben keine Überraschungen mehr erwarten und viele Ältere, die noch etwas vorhaben.

Zu guter Letzt lässt sich zeigen, dass die Produktivität von Menschen steigt, wenn sie wissen warum sie etwas tun. Der „Purpose“, die organisatorische Identität kann nicht einfach verordnet werden, sondern sie muss erlebt werden. Etwa wenn Kunden im persönlichen Gespräch schildern, wie ihnen das Produkt der Firma geholfen hat. Dann geht Dan Cable so weit zu sagen, dass sich die Psyche und die Kreativität der Menschen verbessern, sie besser mit Stress umgehen können und soziale Beziehungen besser werden. Diese Forschungen sind noch nicht abgeschlossen, aber wenn sie stimmen sind sie Dynamit für die heutigen Regelwerke vieler Unternehmen.

Galaxie, überarbeitetes Foto des Hubble Teleskops, Public Domain

Hinweis 6: Die Chancennutzer

Herr Bäumler stellt in der Teamsitzung seine Idee für eine Produktinnovation vor. Er räumt ein, dass es durchaus visionär ist, aber genau das würde der Markt verlangen. „Bäumler, wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen!“, ist das Resümee seines Chefs. 

Hierarchie ist Gift für Innovation. Es gibt erprobte Organisationsformen, die das ändern. 

Kreativ

Seit langer Zeit ist Brainstorming  die beliebteste Methode für Kreativität und Innovation. Der Begriff geht auf Alex Osborn zurück. Er gründete 1919 zusammen mit Partnern eine Werbeagentur, die später zu BBDO wurde, die heute eine der weltweit erfolgreichsten Werbeagenturen ist. Osborn hat die wesentlichen Punkte für erfolgreiches Brainstorming zusammengetragen: 

  • Erzeugen Sie so viele Ideen, wie Sie können
  • Kritisieren Sie die Ideen Anderer nicht
  • Teilen Sie auch verrückte Ideen mit
  • Assoziieren Sie frei und phantasieren Sie über bereits bestehende Ideen

Die Untersuchungen von gruppendynamischen Prozessen der Psychologie-Professoren Michael Diehl und Wolfgang Ströbe belegen, dass aktive Teilnehmer beim Brainstorming von passiven ausgebremst werden. Um Stoff für neue Ideen zu haben, muss unser Autopilot  Informationen aus dem Langzeitgedächtnis heranschaffen und der Pilot muss sie präsent halten. Beide Prozesse leiden unter den Warteschleifen beim klassischen Brainstorming.  Weil Blockaden unsere Kreativität hemmen, empfehlen Diehl und Ströbe eine drastische Lösung: Teilnehmer sollten vor der Diskussion ihre eigenen Ideen entwickeln und aufschreiben, um sie anschließend in Gruppensitzungen zu diskutieren und zu bewerten. Gruppen seien zwar für die Bewertung von Ideen geeignet, aber nicht für deren Entwicklung. 

Die Praktiker Norm und Kathy Green gehen in ihrem Ansatz Think –Pair – Share für kooperatives Lernen noch einen Schritt weiter. Zunächst sollte alleine gearbeitet werden. Danach in Zweiergruppen, und wenn noch weitere Abstimmung erforderlich sind sollen Vierergruppen das Problem lösen. Größere Gruppe werden bei diesem Konzept nur in Ausnahmen einbezogen. 

Der amerikanische Professor Paul Paulus ist ebenfalls anderer Meinung als Osborn. Gemäß seiner Forschung müssen die Brainstorming-Regeln um sechs Punkte erweitert werden um ein Erfolgsrezept zu erhalten: Man solle auf die Arbeit fokussiert bleiben und keine Geschichten erzählen, Ideen nicht erklären, Menschen am Reden halten und andere zum Mitmachen ermuntern. Zudem müsse man ständig daran erinnern, nicht zu kritisieren. Mit insgesamt zehn Regeln werden Gehirnstürme unwahrscheinlich. Besser funktioniert Brainstorming, wenn alle Teilnehmer Kreativität bereits trainiert haben. 

Ring, überarbeitetes Foto des Wikipedia Nutzers Xander, http://wikipedia.org, Public Domain

Hinweis 7: Dranbleiben

Nach seinen Recherchen resümiert Herrn Bäumler: Ein normales deutsches Innovationsprojekt verläuft nach Plan, hat einen Anfang und ein Ende. Innovative Firmen legen los und üben sich in der Kunst der Wiederholung. Dadurch sind sie schneller und flexibler.

Neue Arbeitsmethoden sagen der Bürokratie den Kampf an und fördern innovatives Handeln. 

Deutsche haben eine lange Tradition darin, Dinge richtig zu machen. Wir mögen es, wenn alles seinen geregelten Gang geht. Es entspricht nicht unserer Lebensart, in den Tag hinein zu leben oder alle Fünfe gerade sein zu lassen. Und genau mit dieser Akribie entwickeln wir Produkte und Dienste. Zuerst kommt die Marktstudie, dann ein geschäftliches, fachliches, technisches und finales Konzept – erst dann folgt die Entwicklung. Jedes Konzept muss abgeschlossen und genehmigt sein, bevor es in die nächste Phase geht. Der Schlusstermin steht von Anfang an fest. So können sich alle Abteilungen aufeinander einstellen und im Voraus planen. Für dieses Vorgehen hat die moderne Software-Industrie einen Begriff gefunden: man nennt es das Wasserfall-Prinzip. Wenn eine Phase abgeschlossen ist, gibt es keinen Weg zurück. Schließlich fließt das Wasser nicht hinauf. Nur hält das Wasserfallprinzip immer seltener was es verspricht. Auch bei intensiven Abstimmungen und genauer Planung können wir Fehler nicht gänzlich vermeiden. Deswegen dauern Projekte meistens länger als geplant.

Agil

Wir sollten uns am Credo von Peter Drucker orientieren: „Das Richtige tun, statt die Dinge richtig tun.“ Schon 1963 sagte der Management-Papst, dass es die grundsätzliche Konfusion zwischen Effektivität und Effizienz gäbe, die das Richtige tun, und die Dinge richtig tun trennt. Es gibt nichts Sinnloseres als etwas mit großer Effizienz zu tun, das man gar nicht machen sollte. 

In den 1980er und 1990er Jahren begann man, über neue Entwicklungsmethoden nachzudenken, um herauszufinden, was richtig ist. Bereits 1986 haben die Japaner Hirotaka Takeuchi und Ikujiro Nonaka in Projekten bei Fuji-Xerox, Canon, Honda oder 3M untermauert, wie man durch Wiederholungen und Parallelisierungen von Arbeitsschritten sehr innovativ sein kann. Im Artikel „The new new Product Development Game “ beschrieben sie revolutionäre Ansätze zum Bau eines neuen Kopierers, einer Kamera und eines neuen Autos. Grundsätzlich gäbe es zwei Möglichkeiten. Man kann alles genau planen, jede Eventualität bedenken und für alles vorsorgen. Oder man fängt einfach an und beschäftigt sich mit dem, was kommt. Die Schritte müssen überschaubar sein und können parallel durchgeführt werden. Jedem Schritt sollte man eine zeitliche Länge geben – also einen Takt von zwei oder drei Wochen. Jeweils am Anfang eines Zyklus wird beschlossen, was in den nächsten Wochen umgesetzt werden soll. Takeuchi und Nonaka verteufeln Konzepte nicht, aber sie müssen realitätsnah sein. Konzepte sind unerlässlich, um die Entwicklung strukturiert zu steuern. Es darf nur nicht zu Starrheit im Management führen. Sie sind Mittel, nicht Zweck.

Verschiedenste Branchen arbeiteten an unterschiedlichsten Ansätzen – etwa in der Informa-tionstechnologie: Projekte zur Einführung neuer Computersysteme waren sehr traditionell und hierarchisch organisiert, was weder Auftraggeber noch Lieferanten zufrieden stellte. Kunden sahen sich in ihren aktuellen Nöten nicht unterstützt und Lieferanten monierten, dass man stabile Arbeitsverhältnisse benötigt, um ordentliche Software schreiben zu können. 

Vor allem in Amerika wollte eine Vielzahl von Programmierern anders arbeiten, um IT-Projekte zum Erfolg zu führen. So versammelten sich 17 Programmierer und Autoren im Februar 2001 im Skiort Snowbird in Utah, um neue Weg zu beschreiten. Darunter Ward Cunningham, der 1994 das Wiki erfand, Ken Schwaber und Jeff Sutherland, die mal mehr, mal weniger als Erfinder von Scrum gelten, sowie der Autor Martin Fowler. Alle zusammen kamen schnell zu der Überzeugung, dass sie für die gleichen Ideale eintraten. In drei Tagen schrieben sie das „Agile Manifesto, das Geschichte machen sollte und modernen Programmiermethoden den Namen gab: „Agil“.  Es enthält zwölf kurze Prinzipien und stellt viele der zur Jahrtausendwende vorherrschenden Ansätze zur Erstellung von Software auf den Kopf. Menschen und Kommunikation sind für die Autoren wichtiger als Prozesse oder Werkzeuge. Folgerichtig messen sie der Zusammenarbeit mit Kunden einen höheren Wert bei als Vertragsverhandlungen. Deshalb ist ihnen die Software wichtiger als die Dokumentation oder der Projektplan. Früher dominierten Lasten- und Pflichtenhefte beim Bau von neuen IT-Systemen den Arbeitsalltag. Der Nutzer war in diesem Szenario nur ein Störfaktor. 

Agile Programmiermethoden bauen ein IT-System wie einen App-Store mit vielen kleinen Anwendungen darin. Systemarchitekten und Vertreter der Anwender entscheiden alle zwei bis drei Wochen gemeinsam, welche Funktionen wirklich gebraucht werden. Es sinkt die Gefahr, nach einer langen Planung am Reißbrett ein völlig veraltetes System in Betrieb zu nehmen. Bei der agilen Programmierung wird das Unvorhersehbare einkalkuliert. Unmittelbares Feedback ist möglich. Wenn eine Applikation misslingt, kann sie schnell wieder entfernt und verändert werden, ohne große Flurschäden zu produzieren. Das Agile Manifesto bricht mit den Grundsätzen des traditionellen Projektmanagements. Es bringt eine Revolution auf den Punkt und wurde mittlerweile in 55 Sprachen übersetzt. Heute wollen alle großen Unternehmen agiler werden.

Das Wasserfall-Prinzip wird von Technologiefirmen gerade abgeschafft. Nicht nur der legendäre Firmengründer Marc Andreessen ist davon überzeugt, dass nach und nach alle Unternehmen dieser Welt zu technischen Firmen werden.

Fußspuren im Schnee

Hinweis 8: Trends

Herr Bäumler ist nun einen Schritt weiter. Er schaut sich keine Stellenanzeigen mehr an, denn die Firmen geben nur das Versprechen ab, die gleichgeschaltete Art von Unternehmen zu sein, in denen er bisher gearbeitet hat. Er informiert sich fernab der Jobbörsen: Welche Firmen sind wirklich innovativ und vor allen Dingen: wie genau machen sie das? 

Trends werden überschätzt. Richtig eingesetzt sind sie dennoch hilfreich. 

Kaffeesatz

Obwohl viele Trends auf tönernen Füßen stehen, hat sich dennoch eine ganze Industrie herausgebildet, die Trends sammelt, bewertet und an Firmen verkauft. Meistens werden die Erkenntnisse nach Vorbild der klassischen Marktforschung gewonnen, was die Befunde nicht besser macht. Auch eigentlich seriöse Unternehmen wie Gartner erliegen der Verlockung des schnöden Mammons und liefern Vorhersagen für Trends die beachtenswert sein sollen. Manch ein Manager lässt sich davon inspirieren, denn die gleichen Botschaften finden sich in den Marketingkampagnen vieler Hersteller. Andere Unternehmen senden Scouts um die Welt und erstellen riesige Datenbanken von Dingen, die irgendwo verkauft werden in der Hoffnung, dass diese zu Trends werden.

Heutzutage ist es weniger das Problem, einen Trend zu finden, man bekommt sie im Dutzend frei Haus oder kann sie kaufen. Unternehmen erwerben solche Analysen, weil sie denken, es würde die Erleuchtung bringen, was als nächstes zu tun sei. Oder sie suchen eine Bestätigung dafür, dass sie das Richtige tun. 

Strategien nach Trends auszurichten ist immer problematisch, denn Trends können niemals präzise bestimmt und bewerten werden. Wäre es möglich, könnte man die Zukunft vorhersagen und Kaffeesatz deuten.

Der Wissenschaftler Philip Tetlock zeigt in seinem New York Times Bestseller „Superforecasting “ aus 2015 was diejenigen, die wirklich verlässliche Prognosen und damit gute Entscheidungsgrundlagen abgeben alles tun, um Superforceaster zu sein. Trotz langjähriger Erfahrung misstrauen diese Personen ihrem Bauchgefühl. Sie recherchieren gründlich und passen bei Neuigkeiten ihre Aussage kontinuierlich in kleinen Schritten an. 

Die wenigsten Experten gehen so vor, weswegen Philip Tetlock schreibt: „Der durchschnittliche Experte ist ungefähr so präzise wie ein Darts spielender Schimpanse.“ Erfahrene Menschen sind oft in ihrem Wissen gefangen und vernachlässigen neue Einfluss-faktoren und Rahmenbedingung. So kommt es zu Fehleinschätzungen sogar von Technik-Gurus wie Bill Gates, der Anfang der 1990er Jahre das Internet als Hype bezeichnete und noch 2004 orakelte, dass das Spam-Problem in Kürze gelöst sei. Solcherlei unterschätze Entwicklungen haben nicht nur Microsoft schwere Zeiten beschert. 

Eine weitere Erkenntnis macht Trends das Leben schwer: Der Journalist James Surowiecki hat 2004 mit seinem Buch “Wisdom of the Crowd“ nicht nur einen Bestseller gelandet, sondern den Blick der Öffentlichkeit erstmals auf die Fähigkeiten der Crowd gelenkt. Er beschreibt, dass viele Menschen besser entscheiden können als einzelne Personen. Tetlock hat dies wissenschaftlich bestätigt und die Leistungsfähigkeit einfacher Algorithmen im Verbund mit der Crowd gewürdigt: „Einige hundert gewöhnliche Menschen und ein wenig Mathematik können mit Millionenaufwand unterstützte, professionelle Analysten schlagen.“ Wenn man sich nicht sicher ist ob die Bewertung der Experten ausreicht solle man Kampagnen unter den Mitarbeitern, Kunden und Partnern des Unternehmens zur Entscheidung oder Vorhersage durchführen. Ihre Einschätzung sei es wert gehört zu werden.

Trends sollten mit Vorsicht genossen, gut geprüft und wie Vorahnungen behandelt werden. Die Eishockeylegende Wayne Gretzky drückte es so aus: „Ich laufe nicht dorthin, wo der Puck ist, sondern dorthin, wo er als nächstes sein wird.“ Aber auch „The Great One“ erwischte den Puck nicht immer. 

Mars, überarbeitetes Foto von http://nasa.gov, Public Domain

Hinweis 9: Digitale Mondlandung 

Wirklich innovative Firmen, soviel ist Herrn Bäumler nun klar, sehen in der Digitalisierung die Chance, etablierten Unternehmen Kunden abspenstig zu machen. Herr Bäumler hat verstanden: Es gilt die Zeichen der Zeit zu verstehen, sich aus alten Verhaltensmustern zu befreien und Neues zu wagen.

Digitalisierung ist kein Allheilmittel. Aber innovative Unternehmen nutzen sie konsequent. 

Intelligenz

Nach Ansicht der MIT-Professoren Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee sind die Auswirkungen der digitalen Revolution nur noch mit Science-Fiction vergleichbar. Wird es noch Bus-, Lastwagen- oder Taxifahrer geben, wenn fahrerlose Autos die Straßen dominieren und sicherer, umweltschonender, verlässlicher und ohne Pause unterwegs sind? Wird es noch Ärzte geben, wenn Computer unseren Gesundheitszustand ständig überwachen, wenn sie genauere Diagnosen stellen als Menschen, wenn Roboter besser operieren als Chirurgen? Was geschieht wenn unsere ständige Selbstüberwachung dazu führt, dass wir von der Versicherung Ernährungstipps und einen Bewegungsplan bekommen, die in Echtzeit überwacht werden? Was wird aus Börsenmaklern, Unternehmens- und Steuerberatern, wenn jeder die gleichen Informationen hat? Wer bestellt noch Handwerker, wenn sich Wohnungen selber bauen und reparieren? Brauchen wir noch Call-Center Mitarbeiter, wenn Roboter netter sind? Wie wäre es, wenn virtuelle Lehrer die Erziehung der Kinder übernehmen und sie besser fördern als Erzieher, Lehrer oder Eltern? Brauchen wir noch Juristen, wenn Computer gerechtere Urteile sprechen, Polizisten, wenn humanoide Roboter Verbrechen schneller aufklären, Künstler, wenn Maschinen Bilder malen?

Schreckensbilder werden von dem schwedischen Professor Nick Bostrom in seinem Werk Superintelligence gemalt. Er ist davon überzeugt, dass Maschinen Menschen in allen Belangen überlegen sein werden. Elon Musk braucht dazu kein Buch, ihm reicht der Vergleich mit seinen Autos und Raketen. Der Multi-Unternehmer möchte, dass Menschen mit Maschinen mithalten können und baut seit einigen Jahren an einem Neurolink, einer Schnittstelle zwischen dem menschlichen Gehirn und Computern. Der deutsche Philosoph Richard David Precht geht hart mit der deutschen Politik ins Gericht und wirft der von Vollbeschäftigung träumenden Regierung Realitäts-verlust vor. In seiner Dystopie gibt auch er sich davon überzeugt, dass Roboter dem Menschen Arbeit in nie dagewesenem Maße abspenstig machen könnten. 

Immer mehr Forscher beschäftigen sich mit der Frage, wie viele Arbeitsplätze aufgrund der Digitalisierung verloren gehen könnten. Die OECD berechnete, dass Maschinen neun Prozent aller Jobs übernehmen könnten. Das McKinsey Global Institute glaubt, dass bis zu 800 Millionen Arbeitsplätze vor allem bei Land- und Hauswirtschaft sowie in der Produktion auf dem Spiel stehen, ist aber davon überzeugt, dass andere Sektoren diese auffangen. Gartner schätzt, dass künstliche Intelligenz zu mehr Arbeitsplätzen verhilft, als sie ersetzt. Dies sind normale Werte für neue Technologien und kein Armageddon. 

Auch mangelnde Qualifikation könnte weniger problematisch sein, denn die relevante Frage sei, ob Menschen eine Arbeit verrichten könnten, die ein wenig komplizierter ist, als ihre heutige. Eine Frage, die uns bereits die gesamte industrielle Revolution begleitet. Aus Farmern wurden Fabrikarbeiter, Fabrikarbeiter wurden Manager. Heute gibt es keine manuelle Vermittlung von Telefongesprächen mehr, kaum noch Liftbediener und auch keine Klopf-Wecker mehr. Kiran Garimella schreibt in Forbes, dass es üblich war, sich von an die Scheiben klopfenden Menschen wecken zu lassen, bevor es Wecker gab. Der Musiker Nick Cave sieht sich nicht beschäftigungslos werden, obwohl er glaubt, dass künstliche Intelligenz gute Songs schreibt. Er ist davon überzeugt, dass Menschen Künstliches gar nicht hören wollen, weil der menschliche Touch fehlt.

Die Besteller Autoren Lynda Gratton und Andrew Scott argumentieren, dass die Herausforderung der Zukunft darin besteht zu verstehen, was menschlich ist. Nicht nur, dass Menschen immer älter werden. Menschen werden immer weniger Zeit mit Arbeit verbringen, wie sie heute üblich ist. Arbeit, die Menschen krankmacht und nicht ausfüllt, wie die Gallup-Studie schreibt. Eigentlich sollten wir froh darüber sein, dass stupides Abarbeiten entfällt. Aber Richard David Precht wirft den Linken vor, aus Angst noch heute zu fordern das „der Mensch zu seinem Glück die Erwerbsarbeit“ brauche. Möglicherweise ist die deutsche Angst vor der Digitalisierung nur die Befürchtung, nichts mehr zu tun zu haben. Gratton und Scott sind davon überzeugt, dass sich unser Leben grundsätzlich ändern wird, und sich Politik, Unternehmen und Individuen darauf vorbereiten müssen.

Kranz, überarbeitetes Foto von Andreas Praefcke von http://wikipedia.org, Public Domain

Hinweis 10: Nützliche Geschichten

Herr Bäumler ist kein Störenfried. Zumindest, wenn es um Werbung geht. Er spricht nur über seine Leistungen, wenn die Gesprächspartner bereit sind, ihm zuzuhören. Deshalb ist er so beliebt. Aber er würde gerne mehr verkaufen und fragt sich wie! 

Vertrieb und Marketing müssen von jedem innovativen Unternehmen von Anfang an bedacht werden. 

Gemerkt

Der Aufbau einer Marke lohnt sich, im Extremfall besetzt man Wörter: Maggi steht für die Würze im Essen,  Red Bull für Energy Drinks, Tempo für Taschentücher und Knipex für Profi-Kneifzangen. Das kam nicht über Nacht – Ausdauer und Geduld ist die Stärke dieser Unternehmen, eine Marke ist teuer und der Aufbau braucht Zeit. 

Die eigene Marke zu definieren und zu stärken, ist das nachhaltigste Mittel, um sich ins Gespräch zu bringen.  Wir denken nicht mehr nach, wenn wir unsere Lieblingsmarke sehen, sondern wir kaufen nach Gefühl. Bei nicht vertrauten Marken kommt man ins Grübeln und baut nicht auf die Intuition. Führende Marken sind so stark in unserem Autopiloten verwurzelt, dass man die Marke selbst nicht mal sehen muss. Marlboro hat sich dem Marketingexperten Martin Lindstrom zufolge damit trotz Werbeverbot für Tabak für lange Zeit hohe Werbeeffekte gesichert, weil Farbe und Form der Verpackung so bekannt waren. Die Marke ist allerdings nur dann ein starkes Argument, wenn sie die Nummer eins ist. Motto: „The winner takes it all“. Der Neuropsychologe Christian Scheier  ist davon überzeugt, dass solche Erkenntnisse immer mehr genutzt würden, um effektiv zu werben. Man bestimmt, welche Gefühle oder Motive mit einer Marke verbunden sein sollen, dann sucht man die „Codes“ aus, die bei uns entsprechende Gefühle hervorrufen und setzt sie in der Werbung ein. So will Becks-Bier mit Abenteuern assoziiert werden, Paulaner mit gemütlichen Runden im Biergarten. Coca-Cola hingegen wird getrunken, weil man dazugehören will. Es geht gar nicht um den Geschmack. Deshalb geht es bei der Brause-Werbung meist um das soziale Miteinander. Wie bei der „Happy-Flagge“, die vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-WM 2014 auf dem Rasen des Stadions lag und die der Konzern seitdem immer wieder schwenkt.

Viele Innovatoren und Start-Ups denken sehr viel über ihre Produkte nach, vernachlässigen dabei aber den Markenkern. Dieser beschreibt den spezifischen Charakter, die DNA, das Einzigartige, Spezielle und Werthaltige einer Marke. Markenwerte müssen eine hohe Relevanz für Kunden haben. Wichtig ist, was Kunden sehen und verstehen – Schwächen müssen verbessert werden, damit sich ein geschlossenes und von Leistungen unterstütztes Bild ergibt, denn Kunden spüren sehr schnell, ob Markenversprechen eingehalten werden. Der Markenkern dient der Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz und bildet die Basis für alle Markenaktivitäten. 

Erst mit eigenen Markenwerten wird es möglich, ein Corporate Design zu entwickeln. Dazu gehört mehr als ein Logo. Auch aussagekräftige Farbwelten und Schriftarten müssen gestaltet werden und zueinander passen. Die einheitliche Verwendung eines Corporate Design sorgt für für höheren Wiedererkennungswert. Und man kann einen Anspruch formulieren. Schuhe und Möbel gibt es auch bei Amazon, dem größten Händler der heutigen Welt. Wie der Pfeil im Logo zeigt, will der Gründer Jeff Bezos von A bis Z alle Produkte online anbieten. Neuerdings meint er damit auch Geschäfte in der realen Welt: Amazon betreibt ein eigenes Logistiknetzwerk und eigene Shops. 

Wichtig: Platz ist nur für eine Botschaft. Erst mit formulierten Markenwerten und eigenem Corporate Design gelingt Werbung. 

Gründerneuzeit

An dieser Stelle verabschieden wir uns von Herrn Bäumler. Er hat seinen Job gekündigt und ist dabei, sein eigenes Unternehmen zu gründen. Er hat begriffen, dass sich nur etwas bewegt, wenn er selbst bereit und in der Lage ist, neu zu denken und neu zu gestalteten. Warten auf den Arbeitgeber oder auf den Staat ist vergebene Liebesmüh.

Die deutsche Gesellschaft legt Innovatoren Steine in den Weg. Jeder Einzelne ist aufgerufen, dies zu ändern.  

Reichtum

Blickt man auf die Liste der reichsten Deutschen, dann sieht man, dass wenige dieser ihr Vermögen selbst aufgebaut haben. Leuchtende Ausnahmen sind die SAP  Gründer Hasso Plattner, Dietmar Hopp und Klaus Tschirra, einer der Gründer von Sun Microsystems, der Google Investor Andreas von Bechtolsheim  und einer der Gründer von PayPal, der Facebook-Investor Peter Thiel. Die reichsten Deutschen haben ihr Vermögen geerbt oder konnten sich ins gemachte Nest begeben. Deutsches Geld ist relativ altes Geld. Das hat massive Auswirkungen auf das Denken der Eigentümer der Firmen, der Investoren. Während gerade in Großbritannien und Amerika die Reichsten laufend Schlagzeilen mit gewagten Investitionen machen, herrscht bei uns Funkstille. Wenige vermögende Deutsche investieren mutig. 

Typisch sind eher die Haniels. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden sie durch die Schwerindustrie des Ruhrgebiets vermögend. Heute hat das Familienunternehmen Franz Haniel & Cie. GmbH über 500 Gesellschafter und hält Beteiligungen an mehreren Hundert Unternehmen – die bekannteste Beteiligung ist der Anteil an der Metro. Wenn man etwas hört von der Familie, dann sind es Streit über Auszahlungen an die Gesellschafter oder Forderungen an die Beteiligungen. Die Familie ist rein finanziell orientiert. Visionen oder Leidenschaft sucht man hier vergebens. Im Prinzip agiert der Clan wie ein Hedge-Fonds. Die Eigentümer deutscher Unternehmen sind oft reiche Deutsche und der Staat. Viele deutsche Firmen sind oder waren deshalb im Würgegriff der Erbengeneration, die kurzfristig Erträge sehen will. Der Rest der Investoren kommt aus dem Ausland, aus Arabien und via Fondsgesellschaften aus Amerika. 

Bewegung

Innovation ist wie Rücken. Man muss sich bewegen, um Schmerzen zu vermeiden. Wir brauchen Menschen, die in Bewegung sind, die etwas bewegen wollen. Wir brauchen andersdenkende Menschen. Wir brauchen Gründer. Leider spricht die Statistik eine andere Sprache. 

Der Anteil an Neugründungen in Deutschland fiel 2013 nach Angaben des Instituts für Mittelstands-forschung (IfM) auf den Stand von 2003 zurück, und er fällt weiter. Die einzigen Gründungen, die zulegen sind die zum Nebenerwerb. Noch dramatischer ist die Tatsache, dass wir seit Jahren einen negativen Gründungssaldo haben. Die Insolvenzen liegen deutlich über den Neugründungen. Wir Deutschen gründen nicht mehr. Wir befinden uns in einer Art Tiefschlaf.

Vielleicht ist es wieder einmal an der Zeit, dass der Staat selbst in die Verantwortung geht. Gute Beispiele dafür sind rar, aber die amerikanische Mondlandung darf als leuchtendes Vorbild gelten. Auch Airbus war eine Erfolgsgeschichte bis man sich in interkulturellen Grabenkämpfen verlor. Ohne Einfluss der Politik wäre Airbus nie so groß geworden und möglicherweise würde es gar nicht existieren. Wichtig wäre ein deutsches oder europäisches Projekt, das ordentlich finanziert ist und ohne Etabliertes auskommt. Und wenn das Geld dafür fehlt, dann sollte der Bund seine restlichen Anteile an der Deutschen Telekom verkaufen. 

Auch ohne neue Unternehmen zu gründen kann man helfen, indem man andere Menschen überzeugt. Jeder ist aufgerufen, sich an die eigene Nase zu fassen: Werden wir Leader, Innovatoren, Gründer, Intrapreneure, Menschen. Lassen Sie uns den Innovationsstau in Deutschland beenden und einen neuen Gründergeist schaffen! 

Fotos und Grafiken

  • Titel: Marco Siffredi, eigene Arbeit
  • Seite 32: Gehirn, eigene Arbeit 
  • Seite 52: Junge mit einem Korb Früchte, überarbei-tetes Foto der Caravaggio Arbeit, Public Domain 
  • Seite 64: Sweet Spot, eigene Arbeit nach Scott Berkum
  • Seite 74: Gutenbergpresse von ca. 1520, nach einem Buch von 1914, Public Domain
  • Seite 81: Disruption, eigene Arbeit nach Clayton Christensen
  • Seite 96: Hemd, eigene Arbeit
  • Seite 108: S-Kurve, eigene Arbeit nach Everett Rogers
  • Seite 116: Marco Siffredi, eigene Arbeit
  • Seite 132: Galaxie, überarbeitetes Foto des Hubble Teleskops, Public Domain  
  • Seite 158: Ring, überarbeitetes Foto des Wikipedia Nutzers Xander, http://wikipedia.org, Public Domain  
  • Seite 180: Spuren, eigene Arbeit  
  • Seite 186: Chasm, eigene Arbeit nach Geoffrey Moore
  • Seite 198: Mars, überarbeitetes Foto von http://nasa.gov, Public Domain  
  • Seite 222: Kranz, überarbeitetes Foto von Andreas Praefcke von http://wikipedia.org, Public Domain  

Alle eigenen Arbeiten stammen von Jürgen Stäudtner.

1 Kommentar zu „Deutschland im Innovationsstau“

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