Schon Peter Drucker sah Innovation neben Marketing als die wesentliche Disziplin von Unternehmen. Jahrzehnte von Forschung und Versuchen brachten immer neue Arten hervor. In diesem Artikel fasse ich die wichtigsten aktuellen Strömungen zusammen.
Oft wird gefragt: „Muss ich Innovationsarten kennen?“ Nein. Sie können einfach loslegen. Aber die Chance auf Erfolg steigt, wenn sie sich für eine Art der Innovation entscheiden.
- Diese Arten der Innovation gibt es eigentlich nicht
- Disruption hat die Welt verändert
- Innovative Geschäftsmodelle entstehen heute am Fließband
- Blaue Ozeane und rotes Gemetzel
- Über Leidenschaft, Lean Start-ups und Tests
- Gestaltung und Design als Innovationsmotor
- Andere Arten, Last but not Least
Einige der folgenden Abschnitte sind meinem Buch Deutschland im Innovationsstau entnommen.
Eine Anmerkung: Viele von Ihnen suchen nach Innovationsstrategien. Die Unterscheidung zwischen Strategie und Art der Innovation ist etwas akademisch. Dieser Artikel behandelt die Arten der Innovation, einen Artikel über Strategien der Innovation finden Sie hier.

1, Diese Arten der Innovation gibt es eigentlich nicht
Deutschland scheint anders zu ticken als der Rest der Welt, oder zumindest der anglizistischen Management-Literatur. Diese lese ich überwiegend, weil mein Eindruck ist, das die Deutschen immer hinterher hinken. Deshalb kenne ich einige dieser Begriffe nicht und kann nur mutmaßen, was sie heißen sollen. Belegte Forschung dazu kenne ich nicht.
Dazu gehören die von der Bunderegierung geforderten „Sprunginnovationen“. Ich vermute, dass damit das Überwinden des „Gaps“ gemeint ist, den Robert Cooper eingeführt hat. So, als ob man einfach darüber hüpfen könnte.
Radikale Innovation oder grundsätzliche Innovation wird gerne verwendet. Ich vermute, dass damit Disruption gemeint ist.
Strukturelle Innovation der systemische Innovation spielen darauf an, dass man gezielt, sozusagen mit Plan, Innovationen schaffen kann. Nun, man kann es mit Innovationsmanagement versuchen, das ich hier beschrieben habe, bis etwas besser kommt.
2, Disruption hat die Welt verändert
Der ehemalige Harvard Professor Clayton Christensen hat 1997 in seinem Hauptwerk „The Innovator’s Dilemma“ den Begriff „disruptive innovation“ geprägt. Im Titel der deutschsprachigen Übersetzung von Christensens wird dies mit „bahnbrechende Innovationen“ übersetzt. Der Forscher beschreibt, dass bahnbrechende Produkte häufig schlechter als die auf dem Markt befindlichen Produkte sind. Sie haben jedoch andere Vorteile: Sie sind einfacher oder bequemer zu handhaben, oder sie sind günstiger.
Für Christensen ist der Kundennutzen deshalb wesentlich wichtiger als die reine Funktion eines Produkts. Er argumentiert, dass ab einem gewissen Reifegrad Kunden gar nicht mehr alle Funktionen eines Produkts nutzen können oder wollen.
Wenn sie ihre Zeit und Energie aufsparen bis sie sehen, was zu tun ist, wird es zu spät sein
Clayton Christensen
Kunden gewöhnen sich an neue Funktionen recht schnell und lernen deren Anwendung. Dann wollen sie mehr davon. Aber ihre Freude an neuen Dingen hat Grenzen. Normalerweise wächst die Funktionsvielfalt viel schneller als das, was die Kunden wirklich davon haben. Wenn Produkte inkrementell (eigentlich „sustaining“ was selbst erhaltend bedeutet) weiterentwickelt werden, kommt irgendwann der Punkt, an dem Kunden den Überblick verlieren und Neues nicht mehr wahrnehmen oder verwenden.

Das eröffnet die erste Chance ein vermeintlich schlechteres Produkt am Markt zu positionieren. So geschehen bei Computerspielen. Noch vor wenigen Jahren ist die Branche als das neue Hollywood gefeiert worden. Mit exorbitanten Wachstumsraten schienen die Hersteller von Spielkonsolen für das Wohnzimmer oder von Spielen für den PC zu einer Bedrohung für das Kino zu werden. Mittlerweile sinkt der Umsatz. Es gibt zwar immer mehr Menschen, die am Computer spielen, aber sie spielen andere Games als in der Vergangenheit. Zuerst wilderten die Produzenten kostenloser Online-Spiele im Terrain der Videospiel-Produzenten. Farmville, 2007 von Zynga publiziert, schlug alle Rekorde – populär vor allem auf Facebook.
Auch Smartphone-Spiele wie Angry Birds hatten kurz darauf massiven Zulauf. Nicht mehr tolle Graphik, Kampf und komplizierte Aufgaben waren gefragt, sondern Spaß und Entspannung. Heute gibt es den nächsten Trend: Spieler messen sich mit echten Menschen an der Spielkonsole und sehen sich dazu massenhaft publizierte Videos an.
Ein Ende der Entwicklung zu immer neuen Computerspielen ist nicht abzusehen und die meisten Neuerungen befördern groß gewordene Firmen ins Abseits. Selbst junge und dynamische Firmen unterschätzen die Sprengkraft dieser Entwicklung, denn in den meisten Fällen sind die erzielten Umsätze für große Unternehmen nicht attraktiv.
Neue Computerspiele stehen sinnbildlich für eine der wenigen bekannten Strategien bahnbrechende Innovationen zu bekämpfen: Professor Costas Markides von der London Business School nennt dies „Disrupt the Disruptor“. Neue Spiele selbst zu entwickeln ist einfach. Kompliziert sei es, das neue und das alte Geschäft gleichzeitig zu betreiben.
Auch neue Kunden können durch disruptive Innovation gewonnen werden. Viele potentielle Kunden nutzen bestehende Angebote nicht, weil sie zu teuer oder umständlich sind. So waren Lexika lange einer geistigen Elite vorbehalten.
Wer viel weiß, will noch mehr wissen
Marcel Reich-Ranicki
Ende des 18. Jahrhunderts trugen der Privat-gelehrte Renatus Gotthelf Löbel und der Advokat Christian Wilhelm Franke in sechs Bänden das Wissen der damaligen Welt zusammen: Das „Conversations-lexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten“ war geboren. Das Werk nahm eine Reise durch verschiedene Hände, bis es nach einem langen Weg erst 1809 seine Bestimmung fand. Der Verleger Friedrich Arnold Brockhaus kaufte das Conversationslexikon. Die 21. Auflage „Großer Brockhaus“ erschien im Jahr 2005, umfasste 30 Bände, 24 500 Seiten, 300 000 Artikel, 33 Millionen Wörter, 40 000 Bilder und zusätzlich 70 Stunden Tondokumente. Am 1. Februar 2014 wurde der Vertrieb eingestellt. Das deutschsprachige Wikipedia war zu diesem Zeitpunkt bereits 15 mal so umfangreich. Nach 13 Jahren Kampf besiegte Wikipedia den großen Brockhaus endgültig.
Wikipedia hat völlig neue Nutzergruppen für Enzyklopädien erschlossen. Heute suchen Menschen online nach Wissen, die nie ein Lexikon in die Hand genommen hätten. Sie suchen nicht die Wahrheit, sondern die schnelle Information bequem im Internet-Browser. Und dann ist das Ganze auch noch kostenlos.
3, Innovative Geschäftsmodelle entstehen heute am Fließband
Eine Innovation ist nicht mehr alleine auf das Angebot, das Aussehen und den Wert aus Kundensicht beschränkt. Häufig schrumpfen die Margen und es wird nach anderen Wegen gesucht, Leistungen zu erbringen. Neue Geschäftsmodelle sollen es richten.
Einer der wichtigsten Parameter eines Geschäftsmodells ist neben dem Angebot und den potentiellen Kunden auch die Frage nach der Erzeugung des Umsatzes. Schon immer gab es verschiedene Arten, Geschäfte zu betreiben. Tauschhandel war der Vorläufer unseres heutigen Systems, indem es üblich wurde, für ein Produkt zu bezahlen. Die Anzahl der heutigen Variationen ist gigantisch. Oliver Gassmann, Wirtschaftsprofessor an der Universität St. Gallen, hat im Jahr 2013 einen „Business Modell Navigator“ herausgebracht. Sein Team hat 250 Geschäftsmodelle untersucht und 50 unterschiedlichen Kategorien zugeordnet. Sie tragen Namen wie „Trash-to-Cash“ oder „Robin Hood“, aber auch altbekannte wie „Flatrate“ oder „Revenue Sharing“. Die Analyse macht deutlich, dass es sinnvoll ist, neue Modelle einzuführen, um sich in einem hart umkämpften Markt zu differenzieren.
Einen anderen Ansatz wählte Alex Osterwalder, der auch Schweizer Akademiker ist, aber jugendlicher daherkommt. Er schuf Ende der 2000er Jahre mit Ko-Autoren das Business Model Canvas:

Damit schlug er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Canvas wird oft mit Aufkleber, Post-Sticks und dergleichen beklebt oder einfach beschrieben. Damit vermittelt es einen intuitiven und eingängigen Zugang zu Geschäftsmodellen. Außerdem gelang es ihm das außerordentlich komplexe Themen so zu vereinfachen, dass sogar ich das verstehe. Es hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, so dass man an jeder Ecke Coaches findet, die erklären wie es geht. Am besten macht das immer noch Alex selbst, der drei weitere Bücher schrieb, um das schwierige Thema zu illustrieren.
Wie sehr sich ein neuer Ansatz auszahlen kann, zeigt das Beispiel des Amerikaners King Gillette. Gillette erfand Ende des 18. Jahrhunderts eine Möglichkeit, sehr dünne und scharfe Wegwerf-Rasierklingen herzustellen und lies sich dies patentieren. Nachdem er 1903 mit dem Vertrieb der Klingen und der dazugehörigen Rasierer begann, hatte er schnell großen Erfolg. Etwas mehr als 10 Jahre später verkaufte er bereits 70 Millionen Klingen jährlich. 1918 stattet die amerikanische Armee alle Soldaten mit dem Rasiersystem aus. Aber der Rasierer war teuer, man musste die Hälfte eines durchschnittlichen Wochenlohns für ein Gerät zahlen. Gillettes Wettbewerber erkannten das Potenzial und brachten Rasierer zu einem viel niedrigeren Preis auf den Markt, dafür verkauften sie die Klingen umso teurer. Erst als das Patent erlosch, schloss sich Gillette diesem Prinzip an.
Ich habe mich getraut als sich weise Menschen fürchteten
King Gillette
Das sogenannte „Razor und Blade“ Modell ist seither vielfach angewendet worden. Zum Beispiel bei Druckern: Sie werden günstig verkauft, mit den teuren Patronen wird aber der eigentliche Umsatz gemacht. Hewlett-Packard hat das zur Perfektion gebracht und Druckertinte zur teuersten Flüssigkeit der Welt gemacht.
„Razor und Blade“ hält nicht ewig: Als das Wachstum stagnierte, ersann The Gilette Company die Klinge mit drei Schneiden um den Konkurrenten Wilkinson mit nur einem Schwert zu besiegen. Heute schneiden schon mehr als sechs Klingen gleichzeitig Haare und Gilette ist eine Marke von Procter und Gamble. Auch Hewlett-Packard besteht trotz einer gewaltigen Schrumpfkur nicht unverändert weiter – HP Inc. mixt heute die Tinkturen für Drucker. Beide Firmen versäumten, rechtzeitig eine Strategie für Neues zu definieren.
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4, Blaue Ozeane und rotes Gemetzel
W. Chan Kim und Renée Mauborgne forschen an der INSEAD Business School die Frage, wie man am besten mit Wettbewerb umgeht. Anfang der 2000er Jahre schlugen Sie vor, unberührte Märkte oder Branchen, in denen wenig Wettbewerb herrscht, blaue Ozeane zu nennen.
Rote Ozeane hingegen bezeichnen gesättigte Märkte, charakterisiert durch harte Konkurrenz, überfüllt mit Mitbewerbern, welche alle den gleichen Service oder die gleichen Produkte anbieten. Diese Märkte sollte man meiden, denn erfolgreiche Innovationen beruhen dabei selten auf technologischen Neuerungen, sondern vielmehr auf einer neuartigen Gestaltung des Angebots.
Blue oceans are right next to you in every industry
W. Chan Kim
Besser ist es, der Konkurrenz auszuweichen und neue Märkte zu schaffen. Leicht ist das nicht, denn dazu muss man auch neue Nachfrage schaffen und erschließen. Der Lohn ist dann aber fürstlich, denn wenn überhaupt dauert es, bis sich neue Wettbewerber finden.
Southwest Airlines werden ständig und überall als Beispiel für ein neues Geschäftsmodell zitiert. Auch dieser Ozean ist blau: Im Fluggeschäft der USA galt es lange Zeit als erforderlich, lange Strecken anzubieten. Der Wettbewerb auf diesen ist aber immens, weil mit United, Delta und American Airlines drei der größten Luftfahrtkonzerne der Welt hier zu Hause sind. Zusammenschlüsse waren die Regel.
Southwest begann sich auf kurze Strecken im Wettbewerb zum Auto zu fokussieren. Mit einer Serie von Innovation von der Buchung über das Check-Inn bis zum Bording, der Behandlung von Gepäck, Service und vor allem einer gewissen Lockerheit (unvergessen sind die „Singing flight attendants“) startete die Airline durch. Heute fliegt sie nicht mehr nur, sondern vermittelt auch Autos, Hotels oder den ganzen Urlaub.
5, Über Leidenschaft, Lean Start-ups und Tests
Über der ganzen Theorie vergessen wir die Menschen. Oftmals arbeiten, grübeln, experimentieren Menschen jahrelang unbeachtet von Öffentlichkeit und schaffen so die Grundlage für Innovation. Sie scheitern und beginnen von vorne. Andere schreiten mutig voran.
Das hält nur durch wer leidenschaftlich bei der Sache ist. Leidenschaft ist der Antrieb des Innovators, er tut das, was er für richtig hält und was ihm Spaß macht. Genauso wie ein Musiker mit Begeisterung sein Instrument spielt oder ein Sportler trainiert. Oftmals ist das Ziel klar definiert, wie das des Ingenieurs, der ein besseres Auto bauen will oder das des Mediziners, der Menschen helfen will. Um es mit Richard Branson, dem Gründer von Virgin zu sagen:
„Geschäft muss mitreißen, es muss Spaß machen und es muss ihre kreativen Instinkte ansprechen“.
Richard Branson
James Dyson war leidenschaftlich. Bereits mit Anfang 20 entwickelt der gelernte Möbeldesigner seine ersten mechanischen Produkte. Eine Schubkarre mit einem Ball statt eines Rads oder ein Boot mit Rädern, das zu Wasser und Land gleich schnell sein sollte. Aber sein Meisterstück sollte ein Staubsauger werden. Fünf Jahren lang bastelte Dyson Mitte der 1980 Jahre einen Prototyp nach dem anderen, um einen Staubsauger ohne Saugkraftverlust zu entwickeln. 5.127 Prototypen in fünf Jahren – das sind fast drei Prototypen an jedem Tag, inklusive Weihnachten. Diese hartnäckige Leidenschaft hat es Dyson ermöglicht, den Staubsauger zu revolutionieren und nebenbei einer der zehn reichsten Menschen Englands zu werden.
Auch große deutsche Unternehmer zeichnet die Hartnäckigkeit à la Dyson aus. Werner von Siemens erfand jahrelang erfolglos neue Techniken, bevor er 1847 mit dem Mechaniker Johann Georg Halske in Berlin die Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske gründete. Siemens hatte das Wissen, die Ideen und experimentierte gerne. Halske konstruierte die vielen Kleinigkeiten, die notwendig sind, um aus einer Idee ein nützliches Gerät werden zu lassen.
Das Scheitern ist ein inhärenter Bestandteil des kreativen Prozesses. Der Engländer J.R.R. Tolkien arbeitete sein Leben lang an den Werken des Silmarillion, einer mythischen Welt, die erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Mit 45 feierte er seinen ersten Erfolg, doch es sollte weitere 17 Jahre dauern, bis sein Hauptwerk „Herr der Ringe“ auf den Markt gebracht wurde. Der amerikanische Bestsellerautor Jonathan Franzen, der mit seinem dritten Roman „Die Korrekturen“ weltweit berühmt wurde, brauchte zehn Jahre für „Freiheit“, dem Nachfolger seines Hauptwerkes.
Mutig ist es, all sein Geld auf eine Karte zu setzen. Im Falle von Elon Musk auf zwei Karten: Space X und Tesla. Noch nicht einmal zwei Jahrzehnten brauchte er um gleich zwei Industrien zu verändern. Es ist bemerkenswert, in dieser Zeit ein Unternehmen zu schaffen, das Autos baut die anderen in allen Belangen überlegen sind. Die Autos von Tesla erfüllen höchste Sicherheitsanspruche, sind wo es nur geht digital (ein Smartphone auf Rädern), manchen fahren mehr als eine Million Kilometer fast von alleine und sie sind schnell.
Sie haben für jeden Start einen Ferrari gebaut, auch wenn es ein Honda getan hätte
Elon Musk
Als wäre das nicht genug hat Elon Musk auch noch den Weltraum erobert und Boing ausgestochen. Die Crew Dragon Kapsel ist nach Saturn, Apollo und dem Space Shuttle erst das vierte Raumschiff, das in Amerika Menschen in den Orbit brachte.
Diese Menschen haben ihre eigene Art der Innovation.
Steve Blank versuchte in “The Startup Owner’s Manual” zu beschreiben, wie das geht und hat damit Eric Ries inspiriert der den Beststeller „The Lean Startup” schrieb. Im Grunde versuchen sie dadurch Startups zu helfen, dass sie zeigen wie man schnell herausfindet, ob eine Geschäftsidee erfolgreich werden kann. Eine klasse Idee. Aber leider sehr aufwendig und es erfordert viel Leidenschaft und viel Zeit so dass diese Methode es in großen Unternehmen schwer hat.
Die erfolgreichste Art der Innovation bleibt weiter mysteriös.
6, Gestaltung und Design als Innovationsmotor
Gestaltung bzw. Design hatte schon immer zum Ziel, Dinge so zu gestalten, dass Menschen Gefallen daran finden. Damit haben Designer schon so oft Neues erschaffen und die Welt verändert dass sie das Prädikativ „innovativ“ verdient haben. Ich schildere einige Design-Spielarten, die als Innovationsarten gelten können.
Deutsche Design-Geschichte
Deutsche haben immer wieder das weltweite Design geprägt. In den 1920er und 30er Jahren war die Kunstschule Bauhaus weltweit führend. Weltbekannte Designer wie Walter Gropius, Marcel Breuer oder Mies van der Rohe, um nur drei zu nennen, schufen von Lampen und Möbeln bis zu Häusern alles mögliche. Sie gaben auch den Begriff „form follows function“ die bis heute gültige Interpretation als „Verzicht auf jegliches Ornament“. Der Verzicht auf alles, was das Auge irritieren oder die Nutzung stören könnte gilt als Ursprung des deutschen Designs. Damit das funktionierte musste diese Designer und Architekten des Öfteren die Grenzen des Machbaren verschieben.
Hans_Gugelot und Dieter Rams führten diese Tradition bei Braun und Telefunken in den 1950er und 60er Jahren fort. Auch Hartmut Esslinger, der mit Steve Jobs die erste Computermaus entwickelt und frog Design begründete kann man hier einordnen. Karl Lagerfeld ist heute weitaus bekannter, aber sein Stil sicherlich ein anderer.
Human-Centered Design und UX
Ende der 1980er Jahre fand Design auch Eingang in die Zusammenarbeit mit Maschinen und vor allem Computern. Mike Cooley prägte den Begriff Human-Centered Systems und forderte, dass Menschen immer wichtiger seien als Maschinen. Heute selbstverständlich war das damals neu. Seit der Industrialisierung war das in weiten Teilen der Industrie genau anders herum. Eine symbiotische Beziehung zwischen Mensch und Maschine wird seither gesucht und oft gefunden, die Orientierung am Nutzer war geboren.
In der Informationstechnologie war prägte Alan Cooper die Entwicklung hin zu User-Experience Design (UX). Im Buch mit dem lustigen Titel „Die Verrückten managen das Irrenhaus“ bemängelte er, dass Computersysteme nicht für Nutzer programmiert würden. Er erfand die „Persona“ als Beschreibung typischer Anwender, die seither bei der Entwicklung vieler Produkte eingesetzt werden.
Lead User
Etwa um die gleiche Zeit beschäftigte sich Eric van Hippel mit Menschen. Allerdings mit Unternehmen und Menschen, die einfach das selbst entwickelten, was ihnen fehlte, was sie haben wollten. Er prägte den Begriff der Lead-User Methode. Sein Ansatz ist, dass Innovation abseits vom Durchschnitt zu finden ist. Lead-User sind voller Leidenschaft dabei etwas zu tun, was kein anderer macht.
Ich gründete Go-Pro nur, weil ich Surfern helfen wollte Fotos von sich und ihren Freunden zu machen. Ich fand es verrückt, dass nur wenige Surfen Bilder oder Videos von sich hatten.
Nick Woodman
Nachdem der Lead-User Nick Woodman, der Gründer des Kameraherstellers GoPro mit seinem ersten Unternehmen scheiterte, beobachtete er auf einer Reise Sportler, die mit mäßigem Erfolg versuchten, ihre Aktivitäten mit herkömmlichen Kameras festzuhalten. Er begann selbst mit einer Kamera zu experimentieren, Eindrücke seiner Reise zu filmen und über das Internet Videos seinen Freunden zu zeigen. Heute produziert GoPro Kamerasysteme mit Spezialbefestigungen für Sport und Action und ist über eine Milliarde Dollar wert.
Design Thinking
In den letzten Jahren hat vor alle, das Design-Thinking hohe Popularität genossen. Es beschreibt, wie Designer Probleme besser lösen, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen gemeinsam arbeiten und vor allem aus Kundensicht denken. Beobachten, verstehen, neue Ideen finden, verfeinern und lernen spielen dabei eine Rolle. Hasso Plattner ist ein großer Förderer, auch wenn das Konzept vor allem durch David Kelley, dem Gründer von IDEO entwickelt wurde und durch Tim Brown populär gemacht wurde.
Gutes Design verbindet den Nutzen für Menschen mit der technischen Machbarkeit und der wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit
Tim Brown
IDEO hat auch schon tolle Produkte entwickelt, bevor der Begriff erfunden wurde. Geschadet hat es aber nicht.
7, Last but not Least
Es gibt hunderte Arten der Innovation. Weil ich hier nicht alle schildern kann erwähne ich noch einige wichtigere:
Open Innovation beschreibt das Konzept Ideen und Lösungen nicht nur innerhalb der eigenen Organisation zu suchen und andere Ansätze abzulehnen („not invented here“). Procter und Gamble überzeugte seine Ingenieure mit dem Spruch „proudly found elsewhere“ und vor allem mit Erfolg davon, auch Hilfe zu akzeptieren. Peter Chesbrough beschrieb Open Innovation im gleichnamigen Buch und das Konzept hat viele Freunde.
Service Innovation: Einige Zeit lang galt es als erfolgversprechend, Service neu zu definieren. Vor allem Amazon mit unbedingter Kundenorientierung oder Konzepte wie der beste Service ist kein Service prägten diese Diskussion. Heute stehen Geschäftsmodelle eher im Mittelpunkt, weil Alex Osterwalder dieses Konzept in seinem Canvas Services quasi automatisch integriert.
Recht veraltet wirken heuten Schumpeters Ansatz oder die Ansoff Produkt-Markt-Matrix.

Artikelreihe zu Innovation: Das Warum, Strategien und Arten der Innovation sowie die Umsetzung. Ergänzt um Mythen und Zitate/Sprüche.


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